Quatuor Coronati Berichte 42/2022 von Martin,  Bernhard, Patka,  Marcus G.

Quatuor Coronati Berichte 42/2022

Wiener Jahrbuch für historische Freimaurer-Forschung

Das vorliegende Jahrbuch beginnt mit der neuen Rubrik „Grundlagen“ mit einer quellenkritischen Untersuchung von David Taillades, der die „Old Charges“ mit ihren 130 unterschiedlichen Manuskripten in ihren semantischen Unterschieden für die Publikation AQC der Londoner Kollegen analysierte und damit ihren vermuteten Entstehungszeitraum genauer als bisher datiert. In seinem von Bernhard Martin für die deutschsprachige Freimaurer-Forschung aufbereiteten Artikel legt er die Basis für eine Kontinuumstheorie, nach der sich die Geschichte der Freimaurerei auf der britischen Insel bis in ihre Gegenwart interpretieren lässt. Die Freimaurerei in Österreich ist nicht von solcher Kontinuität beglückt – dies motivierte Bernhard Martin zu seiner kritischen Bestandsaufnahme der institutionalisierten FM-Forschung „zwischen verboten und erlaubt“ (Günter Kodek) in puncto Vielfalt und Logik. Michael H. Weninger fasst seinen im Bestseller „Loge und Altar“ publizierten Standpunkt zum historischen Konflikt zwischen katholischer Kirche und der Bruderschaft in einem Artikel zusammen und hält ihn für kirchenrechtlich beigelegt.
Die Österreich-Rubrik eröffnet Alexander Emanuely mit seiner Perspektive auf die Quellenlage zu Ludwig Lewis und anderen Freimaurern im Wien von 1848. Seine für einen Tag im Revolutionsjahr erfolgte Logengründung ist weiterhin kritisch zu sehen, da Lewis darüber Spitzelberichte für die Polizei verfasste. Gerhard Friedrich trägt einen ausführlichen biografischen Abriss zu Heinrich Glücksmann bei, dem seinerzeit in Bezug auf Auftritte in der Öffentlichkeit vielleicht bekanntesten Freimaurer Österreichs. Marcus G. Patka wiederum lässt die Biografien einiger Wiener Brüder im Spannungsfeld von Nationalismus und Weltenkette Revue passieren und fragt nach Konsequenzen in der Gegenwart. Zudem widmet er sich der Errichtung des Denkmals für den Sozialphilosophen Josef Popper-Lynkeus und beschreibt die von diesem initiierte „Nährpflicht“-Bewegung.
Als internationale Beiträge bringen wir einen Bericht über die vom NS-Regime angelegte Freimaurer-Datei im Reichsicherheitshauptamt. Seine Suche nach der viele Jahrzehnte lang verschollenen Kartothek beschreibt der norwegische Historiker Helge Bjørn Horrisland. Aus Belgrad steuert Slobodan Markovich einen Artikel über den dortigen Freimaurer-Kongress von 1926 bei, der durch den „Bruderkuss“ zwischen Leo Müffelmann und Arthur Groussier in die Geschichte einging. Jaap Sadilek fasst über 300 Jahre Freimaurer-Geschichte in den tschechischen und slowakischen Gebieten zusammen. Aus dem Blickwinkel der Kunst interpretiert Ruth Mateus ihre Portraitzeichnung des britischen Literatur-Nobelpreisträgers Rudyard Kipling und sein Gedicht „If“. Ein Update seiner Forschung zur Geschichte der Loge „Lessing zu den drei Ringen“ liefert Andreas Nader, der zuletzt 2018 an dieser Stelle über die Grenzlogenzeit schrieb. In der ebenfalls neuen Rubrik „Kunst“ findet sich der erste Teil eines monumentalen Artikels über freimaurerische Musik von Maximilian Fröschl und Günter Thomasberger, der im kommenden Jahrbuch seinen Abschluss finden wird. (Aus dem Vorwort der Redaktion)

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