Ästhetiken des Untergangs
Phänomenologische Betrachtung von Narrationsmöglichkeiten der Moderne. Hölderlin – Nietzsche – Jünger – Krach
Sebastian Meisel
Untergänge sind reale Erscheinungen innerhalb der menschlichen und natürlichen Welt, der Kultur, in der Geschichte und in der Religion. Vielleicht kein anderes Phänomen hat eine so große Anziehungskraft und bleibt dennoch so unsichtbar und verborgen. Dabei sind alle Menschen stets von Untergängen umgeben. Nicht nur der tägliche Lauf der Gestirne zeigt dies, sondern auch der Wechsel der Jahreszeiten, das Aufwachsen, Erblühen und schließlich das Sterben des Menschen. Es könnte also mit Recht gesagt werden, dass dieses Phänomen so all-täglich, so unmittelbar ist, dass es darüber doch keine genaue Auseinandersetzung bräuchte. Dennoch hat es eine eigenartige Bewandtnis mit dem Untergang: Auch wenn er stets vom Ende kündet und damit vor allem an Leid, Schmerz und Tod erinnert, hat er seinen eigentümlichen Platz in der menschlichen Welt und vor allem in der Kunst. So scheint der Untergang ein unhintergehbares Motiv zu sein, das aber in der Forschung bisher weder ausreichend gewürdigt, noch überhaupt als Einzelphänomen zu Kenntnis genommen wurde.
Die vorliegende Forschungsarbeit widmet sich daher dem Auftrag, der spezifischen Ästhetik des Phänomens nachzugehen. Mithilfe phänomenologischer Fragestellungen wurde dabei nachgewiesen, dass Narrationen des Untergangs ihren festen Platz in der Kulturgeschichte der Moderne haben, sogar mit dieser Zeitströmung eng verbunden sind. Weitgehender muss man sagen: Die Moderne ist die beständige Erzählung ihres eigenen Untergangs.