Pockenimpfung und Aufklärung. Die Popularisierung der Inokulation und Vakzination. Impfkampagne im 18. und frühen 19. Jahrhundert.
Marcus Sonntag
„Von den Pocken und von der Liebe bleibt niemand verschont“. Diese aus dem 18. Jahrhundert stammende Redewendung verdeutlicht eindrucksvoll die Bedeutung der Pocken für die damals lebenden Menschen, und so kann das 18. Jahrhundert als das Jahrhundert der Pocken bezeichnet werden. Kaum eine Krankheit bestimmte das Leben der Menschen in dieser Zeit mehr als die Pocken, die aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit als unumgängliche oder gar angeborene Entwicklungsstufe des heranwachsenden Menschen oder als gottgesandte Strafe und Glaubensprüfung erschienen. Solche weitverbreiteten Krankheitsvorstellungen standen jedoch einer modernen Präventionsmedizin im Wege, so dass bereits vor der wissenschaftlichen Entdeckung und praktischen Einführung der Kuhpockenimpfung durch Edward Jenner versucht wurde, die Bevölkerung vom Nutzen einer Pockenimpfung zu überzeugen.
Wer aber waren die Popularisierer der Impfung und welche Ziele verfolgten sie? Worin bestand ihre Motivation zur Aufklärungsarbeit und wer sollte überhaupt aufgeklärt werden? Inhaltlich der Kultur-, Medizin- und Publizistikgeschichte verpflichtet, verfolgt der Autor einen interdisziplinären Ansatz. Mithilfe einer Vielzahl bislang kaum berücksichtigter archivalischer und publizierter Quellen wird dargelegt, auf welche Weise die Pockenimpfung im deutschen Sprachgebiet propagiert wurde und ihre allgemeine Anwendung erreicht werden sollte. Im Fokus der Untersuchung stehen die Akteure, die genutzten Medien und Methoden, die inhaltliche Argumentation sowie die Impfpolitik des preußischen Staates. Unter Berücksichtigung aller dieser Aspekte wird ein umfassendes und detailliertes Bild einer historischen Impfkampagne gezeichnet, die den modernen Impfkampagnen in wesentlichen Punkten ähnelt und somit nicht an Aktualität verloren hat.