Hebräische Schreibkultur in Europa
Zalman Schneurs verschollene Briefe
Lilah Nethanel, Gundula Schiffer, Yfaat Weiss
In ihrem Essay fragt die israelische Autorin Lilah Nethanel nach der Bedeutung von Mehrsprachigkeit und Transnationalität für die hebräisch-europäische Schreibkultur im frühen 20. Jahrhundert. Hierzu beleuchtet sie Leben und Werk des hebräischen und jiddischen Schriftstellers Zalman Schneur (1887–1959). Anhand bisher unbekannter persönlicher Korrespondenzen zeichnet Nethanel den Weg von der veröffentlichten Fiktion zurück zu den biografischen Hintergründen des Autors nach, die von so existenziellen Erfahrungen wie Krieg und Flucht, Emigration und Einsamkeit geprägt sind. Diese Dokumente, die erst mehr als fünf Jahrzehnte nach Schneurs Tod in Madrid entdeckt wurden, machen die moderne jüdische Schreibkultur in ihrer gesamten Komplexität sichtbar: Auf Deutsch, Französisch und Jiddisch verfasst, wurden die Briefe aus dem nachrevolutionären Russland, dem Weimarer Berlin und dem Paris der 1940er Jahre verschickt. Sie legen das vielschichtige biografische Mosaik offen, das in Schneurs literarisches Werk eingeflossen ist, und bieten neue Perspektiven für das Verständnis moderner jüdischer Schriften in Europa.