Schneemänner im September
Kora Busch
Gernot Müller, Bankberater, 51, hat noch ein Jahr zu leben – verkündet ihm der Tod persönlich. Und er gibt ihm noch einen guten Rat mit auf den Weg: Wenn er in Ordnung bringt, was er bereut, wird er leichter sterben können. Und so nimmt sich Gernot vor, sich mit seiner Familie auszusöhnen, sich noch einmal zu verlieben und schließlich ein Bild zu malen und zu verkaufen, denn ursprünglich wollte er Künstler werden.
War es sein Leben überhaupt wert? Er ist in der Ehe, in seinen Liebschaften, im Beruf gescheitert. Und dafür hat er einst seinen Kunsttraum geopfert? Er hätte sich ja nicht drängen lassen müssen und wie sein Sohn Till auch gegen alle wohlmeinenden Ratschläge seinen eigenen Weg gehen können. Dieser reist gerade nach dem Abitur durch die Welt, strebt danach kein Studium, sondern eine Ausbildung an. Bei einem Treffen auf einer gottverlassenen Insel südlich von Feuerland söhnen sich Vater und Sohn endlich aus und bau-en gemeinsam einen Schneemann – mitten in einem Schneesturm: ‹Schneemänner im September› eben.
So lernt Gernot in dem ihm verbleibenden Lebensjahr nach und nach, dass es für ein selbstbestimmtes Leben im Einklang mit den Lieben in erster Linie auf das eigene Verhalten ankommt, weniger auf die Umstände. Aber was nützt ihm das jetzt noch, so kurz vor dem Ende? Nach einem Jahr wird der Tod vorstellig. Ist es wirklich bereits zu spät, oder kann er noch einmal von vorne anfangen? Vielleicht hat der Gernot verwechselt – vielleicht nur ein falsch geschriebener Straßenname? Auch der Tod ist schließlich nur ein überlasteter Beamter.