GegenÖffentlichkeit!
Neue Wege im Dokumentarischen
In den 1960ern erlebte der dokumentarische Film einen fundamentalen Wandel. cinefest 2014, das XI. Internationale Festival des deutschen Film-Erbes, wirft einen genauen Blick auf die Themen und die oft innovative Technik und Stilistik des Dokumentarfilms seit dieser Zeit. Die Einführung von 16mm-Kameras und tragbarer Tonbandgeräte ermöglichte es nun, ganz nah am Geschehen zu sein. Die leichte Bedienbarkeit und die geringeren Kosten des Filmmaterials führten dazu, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen Film und später Video als Ausdrucksmittel entdeckten, um ihr Leben zu reflektieren und für ihre Interessen zu kämpfen.
Die technischen Veränderungen trafen auf einen gesellschaftlichen Umbruch: Proteste gegen Vietnamkrieg, Notstandsgesetze, Atomkraft und für eine liberalere Gesellschaftsordnung. Da die etablierten Medien – Fernsehen und Presse – diese oppositionellen Strömungen oft ignorierten oder sogar bekämpften, bildeten sich verschiedene Formen einer Gegenöffentlichkeit heraus.
Der Katalog zum cinefest dokumentiert mit Kritiken, Dokumenten und Hintergrundtexten über 30 exemplarische Produktionen der Jahre 1956 bis 2005 aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien und der Tschechoslowakei. Die dem Katalog beigefügte DVD präsentiert den damals umstrittenen Dokumentarfilm „Rote Fahnen sieht man besser“ (1970/71) über die erste Massenentlassung in der Bundesrepublik aus Sicht der Betroff enen sowie weitere kurze Dokumentarfilme über Arbeiterinnen in der DDR, den Arbeitskampf schottischer Werftarbeiter und politisch-kulturelle Aktionen in Hamburg.