America die verkehrte Welt
Prozesse der Verräumlichung in den Paraguay-Berichten des Tiroler Jesuiten Anton Sepp (1655-1733)
Esther Schmid Heer
Die frühneuzeitlichen Missionen der Jesuiten in Südamerika, insbesondere in Paraguay, haben von Beginn an starkes Interesse geweckt und kontroverse Reaktionen provoziert. Neuere historische Untersuchungen der in diesem Kontext entstandenen Reise- und Missionsberichte von Jesuiten aus der Neuen Welt zeigen heute die Missionen in ihrer ganzen Vielfalt und Ambivalenz. Jeder einzelne Jesuit, so auch der Tiroler Anton Sepp (1655-1733), hatte sich vor Ort im Schnittpunkt von Ordensvorgaben, Patronatsverhältnissen und kolonialer sowie kultureller Verflechtung immer wieder neu akkommodativ zu verhalten.
Eingebunden in einen interdisziplinären Forschungskontext unternimmt es die vorliegende Untersuchung, die Paraguay-Berichte des Anton Sepp aus bisher weitgehend fehlender literaturwissenschaftlich-kulturwissenschaftlicher Perspektive einer genaueren, kontrapunktischen Lektüre zu unterziehen. Das Interesse gilt dabei insbesondere räumlichen und performativen Aspekten von Sprache – textuellen Prozessen, die den „Sprachraum als Möglichkeitsraum“ erscheinen lassen und Ansatzpunkte für die „Zirkulation sozialer Energien“ sichtbar machen.
Esther Schmid Heer studierte Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft, Allgemeine Geschichte und Philosophie an der Universität Zürich. Ende 2011 erschien ihre Edition von Sepps Paraquarischem Blumengarten. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in Bibliothek und Archiv der Schweizer Jesuitenprovinz in Zürich.