‚1968‘ in der Schule
Erfahrungen Hamburger Gymnasiallehrerinnen und -lehrer
Uwe Reimer
Dass sich nach 1968 die gesellschaftlichen Strukturen in der Bundesrepublik erheblich verändert haben, ist hinlänglich bekannt. Wieweit sich dieser Wandel im Bewusstsein der beteiligten Gymnasiallehrerinnen und -lehrer niedergeschlagen hat, ist Gegenstand des Buches von Uwe Reimer. Durch die Ausleuchtung der „Binnenperspektive“ der Beteiligten entsteht ein konkretes, anschauliches Bild von den Veränderungsprozessen in den Schulen. Zugleich werden Klischees über die Lehrer der 68er-Zeit aufgebrochen; weder die „Heldengeschichte“ noch die „Schurkenstory“ hat Bestand. Stattdessen wird ein Bild gezeichnet, in dem sich Licht- und Schattenseiten gleichermaßen wiederfinden. Grundlage der Untersuchung sind 24 Interviews, die mit der Methode der „Oral History“ geführt worden sind. Durch die Zuordnung der interviewten Lehrer zu verschiedenen „Generationen“ wird deutlich, wie unterschiedlich, kontrovers und zum Teil unversöhnlich die Reaktionen in der 1968 existenten Lehrerschaft auf den gesellschaftlichen Wandel waren. Für die „Achtundsechziger-Generation“ (Jahrgänge 1938-1945) war nicht die Zahl der Aktivisten entscheidend, sondern dass die wenigen Meinungsführer „stilbildend“ für eine ganze Generation entscheidend wirken konnten. Einen durch diese Generation eingeleiteten Paradigmenwechsel sieht Reimer vor allen Dingen auf den Ebenen der Lehrer-Schüler-Beziehung, der Lehrer-Lehrer- Interaktion und im Verhältnis Schule-vorgesetzte Behörde. Im letzten Kapitel gibt Reimer einen „Ausblick auf die Gegenwart“. Nach seiner Einschätzung ist es heute so, dass die Achtundsechziger-Generation in den Gymnasien quasi unter sich ist. Austausch, Irritationen, Neuformierung durch Auseinandersetzung mit einer nachrückenden Lehrergeneration haben nicht stattgefunden. Allenthalben kommt es zu einer neuen Verkrustung von Schulstrukturen.