Ansätze zur Quantifizierung des Renaturierungserfolgs

Unveränderte Fließgewässer sind in der heutigen Landschaft selten geworden. Der jahrzehntelange Gewässerausbau hat die Struktur der Gewässer, die Abflussdynamik, den Sedimenttransport und die Fließgewässerökologie nachhaltig verändert. Um den Zustand der europäischen Gewässer zu verbessern wurde im Jahr 2000 die Wasserrahmenrichtlinie verabschiedet. Daher werden zurzeit viele Gewässer in Deutschland und Europa renaturiert.

Nur wenige dieser Maßnahmen werden jedoch erfolgskontrolliert und meist ausschließlich über biologische Bewertungsverfahren. Werden morphologische Kriterien einbezogen, erfolgt dies nach unterschiedlichen Vorgehensweisen. Das Wissen über die Zusammenhänge von initialen Renaturierungsmaßnahmen und morphologischer bzw. biologischer Entwicklung ist daher begrenzt, was dazu führt, dass Fehler wiederholt werden. Auch sind Fließgewässer kontinuierlichen Änderungen unterworfen, was in aktuellen Erfolgskontrolle nicht berücksichtigt wird.

Im Rahmen dieser Arbeit werden verschiedene Aspekte der Fließgewässerentwicklung in zwei renaturierten und einem naturnahen Abschnitt analysiert und der Abflussdynamik gegenübergestellt, um die Morphodynamik und ihre maßgeblichen Einflussgrößen zu erfassen und daraus Handlungsempfehlungen für die Erfolgskontrolle abzuleiten. Nach einer Einführung in die Fließgewässerentwicklung und Vorstellung zu beachtender Randbedingungen erfolgen die Analyse des Abflussgeschehens zwischen den Untersuchungszeitpunkten und die Charakterisierung des Sedimenttransports. Verschiedene Ansätze zur Ermittlung des bettbildenden Abflusses werden diskutiert und Einflussfaktoren auf die Gewässerentwicklung ermittelt.

Mit Hilfe von hochauflösenden Luftbildern werden besondere Gewässerstrukturen erfasst und analysiert. Dabei wird aufgezeigt, dass eine Strukturkartierung anhand von Luftbildern möglich ist. Zur Erfolgskontrolle von Renaturierungsmaßnahmen wird die Auswahl bestimmter Einzelparameter empfohlen, welche besonders gut die morphodynamische Entwicklung wiedergeben können.

Zur Beschreibung der Veränderungen des Gewässerbetts werden verschiedene Indizes zur Beschreibung der Diversität, der Querschnittsform und der Substrate entwickelt, zusammengestellt und diskutiert. Daraufhin werden die relativen Veränderungen der Indizes ermittelt und den Einflussfaktoren gegenübergestellt. Über eine Korrelationsanalyse wird gezeigt, dass der effektive Abfluss als bettbildender Abfluss angesehen werden kann und ein guter Indikator für die Fließgewässerentwicklung ist. Darüber hinaus treten die größten morphologischen Veränderungen für die untersuchten Tieflandgewässertypen bei Abflüssen zwischen MQ und HQ2 auf. Katastrophenhochwasser (> HQ10) hingegen führen zu einer Abnahme der Diversität. Überdies müssen mesoskalige Strukturen vorhanden sein, damit sich die mikroskalige Diversität erhöht. Die Diversität des Gewässers ist dabei maßgeblich von der Abflussdynamik, nicht aber von den lokalen Gegebenheiten, abhängig.

Eine Betrachtung der ökologischen Bewertungsverfahren macht deutlich, dass die Verfahren nach Wasserrahmenrichtlinie den Renaturierungserfolg so nicht abbilden können. Es werden aber Wege aufgezeigt, welche, basierend auf diesen Erhebungen, die Effekte der Renaturierungen beschreiben können.

Abschließend ist festzuhalten, dass der Zustand eines Gewässers maßgeblich von der vorangegangenen Abflussdynamik abhängig ist und eine Bewertung der Fließgewässer ohne Beachtung des Abflussgeschehens nur bedingt aussagekräftig ist. Zur Erfolgskontrolle von Renaturierungsmaßnahmen sollte somit ein einheitliches, zeitlich und methodisch klar definiertes und interdisziplinäres Vorgehen festgelegt werden.