Autonomie des Subjekts. von Schirilla,  Nausikaa

Autonomie des Subjekts.

Eine interkulturelle Perspektive

Ist das ‚autonome Subjekt‘ etwas typisch – oder gar ‚wesentlich‘ – Westliches? Und wenn nicht, ‚ist ein interkulturell kommunizierbarer Begriff von Autono-mie denkbar?‘ (S. 12) Sehr rasch macht die Verfasserin klar, dass die ‚Autonomie (des Subjekts)‘ keineswegs zu den spezifisch ‚westlichen‘ oder ’neuzeitlichen‘ Konzepten gehört. Vielmehr ist zu fragen, warum der im Westen erhobene (Allein-)Anspruch auf ‚Autonomie‘ so oft zu kulturellen Differenzen, Ausgrenzungen und Hierar -chisierungen führt(e). Zur Klärung dieses Problems greift Schirilla auf die Kultur- und Sprachtheorie von Stuart Hall zurück, der Kultur als ‚Repräsentation‘ begreift, das heißt als ‚Gebrauch von Sprache, um etwas Bedeutungsvolles über die Welt auszusagen‘ (S. 46), sowie auf den Ansatz von Mikhail Bakhtin, dem zufolge ‚Worte (im Sinne von Zeichen) immer soziale Beziehungen enthalten, Ideologien, Klassenverhältnisse‘ (S. 50). Auf Basis dieser kulturtheoretischen Überlegungen, die verdeutlichen, dass ‚das Konzept der strukturellen kulturellen Determination abgelöst wurde durch das einer sich stets neu herstellenden Bedeutungsvielfalt‘ (S. 51), erweisen sich viele Einschätzungen kultureller Identitäten als unzulässige Homogenisierung: ‚Die emanzipatorische Einzigartigkeit der Moderne stellt eine Selbsttäuschung oder Konstruktion der Moderne von sich selbst dar‘ (S. 57). Auch manche postkoloniale Positionen, die bestimmte Typen ‚westlichen‘ oder ‚afrikanischen‘ Denkens festschreiben, geraten in diese Kulturalismusfalle. Anhand der kulturphilosophischen Beiträge des Ghanesen Kwame Gyekye macht Schirilla deutlich: ‚Das Kulturelle entfaltet seine Wirkungsmacht nicht aus seiner Gegensätzlichkeit zu einer anderen Kultur, sondern aus seiner Sinn und Bedeutung gebenden Funktion in einer konkreten Gesellschaft‘ (S. 71). Genau zu dieser Herstellung von Gegensätzen und Ausschlüssen ist es aber in der kulturellen Deutungsgeschichte des Westens immer wieder gekommen, wie die US-amerikanische Literaturwissenschaftlerin Gayatri C. Spivak aufzeigt: ‚Keine Darstellung der Entwicklung des europäischen Subjektbegriffs ist vollständig ohne einen Blick auf die Konstruktion von subalternen Anderen in nichteuropäischen Ländern‘ (S. 82).

Gegen das ‚klassische‘ – von Kant herkommende (vgl. S. 23) – Verständnis von ‚Autonomie‘, das ‚ein abgegrenztes Selbst‘ (S. 93) voraussetzt, begreift Schirilla ‚Autonomie‘ als ‚von Heteronomie durchzogen‘ (S. 97) und konzipiert sie als ‚gewährte Autonomie‘ (S. 98). Mit Adornos ‚Negativer Dialektik‘, die ‚das Nichtidentische vor der totalen Herrschaft des Begriffs bewahren‘ (S. 109) will, lässt sich ein Begriff von ‚Autonomie‘ gewinnen, der auch die Voraussetzungen, Grenzen und Abhängigkeiten des handelnden Subjekts anerkennt. Von daher ‚eröffnet sich eine Vielfalt von Autonomieverständnissen‘ (S. 115), die nicht mehr als kulturelle Gegensätze festgeschrieben werden müssen.

Nausikaa Schirillas Konzept der ‚gewährten Autonomie‘ zeigt exemplarisch, inwiefern interkulturelles Philosophieren stereotype Identitäten und Denkformen dekonstruieren und verantwortbare Vermittlungen unterschiedlicher Perspektiven leisten kann.

Franz Gmainer-Pranz in: polylog I 7, 2007, Seite 141-142

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