Das Fließende des Körpers
Ein kultursoziologischer Versuch
Thorsten Benkel
Lebendige Körper sind ständig aktiv. Sie gehen und drehen sich, sie wiegen in die eine oder andere Richtung, sie falten sich zusammen und richten sich auf, sie reagieren, sie bewirken etwas, sie passen sich der Umwelt an. Körper bewegen sich fließend durch die gesellschaftlichen Bedingungen, denen sie entstammen und die sie sukzessive mitgestalten. Auch in ihnen fließt es, doch die blickdichten Vorgänge der menschlichen Physiologie stellen in sozialer Hinsicht allenfalls ein Hintergrundrauschen dar. Dies ändert sich, wenn etwas aus dem Körper herausfließt und sich der Welt als Abjekt präsentiert – als etwas eben noch Dazugehörendes, dem Körper nun Fremdes, ja geradezu feindlich Gegenüberliegendes.
Ob nun aktiv herausgepresst, passiv entlassen oder subversiv herausschleichend: Körperflüssigkeiten sind Herausforderungen. Sie motivieren zu Umgangsweisen, die je veränderten Bedeutungsmechanismen entsprechen, aber sie schränken auch ein; sie prägen und sie definieren, wie allzu menschlich ein Körper agieren darf. Den diskursiven Strängen, die sich um die Säfte ranken, die am Körper, aus dem Körper und in den Körpern fließen, widmet sich Thorsten Benkels kultursoziologische und sozialpsychologisch informierte Studie. Er legt eine generelle Analyse des gesellschaftlichen Ranges von Körperflüssigkeiten vor, die die vielfältigen Bezugspunkte des Gegenstands – unter anderem Medizin, Geschlecht, Sexualität sowie Tabuisierung, Transgression und Erziehung – aufschlüsselt und das Feste und das Flüssige – neben dem Harten und dem Weichen sowie dem Rohen und Gekochten – als zentrales Dual der Moderne verankert.
Darüber hinaus geht das Buch der Abwehr und den Instrumentalisierungen, aber auch den Annäherungen nach, die die Ubiquität gerade des Fließens aus dem Körper provoziert. Es macht diese Strategien als verhandelbare Sinnkonstruktionen begreifbar und entdeckt die Lust an der Unlust, die sich in ihnen versteckt.