Der letzte Prozess
Thomas Breuer
In Wewelsburg wird Anton Kottmann, ein alter Mann, der wenige Tage zuvor aus einem Bürener Altersheim verschwunden ist, bestialisch ermordet. Der gerade erst nach Paderborn versetzte Leiter des Kommissariats für Kapitaldelikte, Stefan Lenz, stößt mit seinem Team auf weitere Morde, die innerhalb der Senioren-Residenz verübt wurden, aber bislang als natürliche Todesfälle deklariert worden sind. Dabei ist besonders brisant, dass es in dem Altersheim eine ganze Ebene gibt, die von Frauen und Männern bewohnt wird, die im Dritten Reich in Wewelsburg „die schönste Zeit ihres Lebens“ verbracht und sich deshalb im Alter in der Nähe ihrer Wirkungsstätte niedergelassen haben.
Lenz stößt auf einen Zusammenhang zwischen dem Modus Operandi und dem Vorleben der Getöteten. Alle hatten während des Dritten Reiches Positionen entweder in der Wewelsburg oder als SS-Männer im KZ Niederhagen inne. Und alle wurden so ermordet, wie sie in ihrer aktiven Zeit die Häftlinge gequält haben.
Während der Ermittlungen wird die Seniorin Renate Körting aus der Residenz entführt. So beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um den nächsten Mord zu verhindern. Verdächtig ist vor allem Mario Hülsmann, ein Bundesfreiwilligendienstler in der Residenz, dessen Großvater Häftling im KZ Nie-derhagen gewesen ist und der sich aktiv in der Antifa engagiert. Aber auch Dr. Elling, Historiker im Kreismuseum Wewelsburg gerät ins Visier der Ermittler, da der Täter über exzellente Kenntnisse verfügt, die er bei der Inszenierung seiner Ofper anwendet.
Die junge Kommissarin Gina Gladow glaubt nicht daran, dass Mario Hülsmann der Täter ist, Sie versteift sich auf den Altenpfleger Wolfgang Kaup und dessen Freundin, die Altenpflegerin Michel-le Küster. Wolfgang Kaup ist der Enkel des ehemaligen Wewelsburger Wachsturm-Führers Johann Kaup und von diesem und seinen Altnazi-Freunden in der Residenz ideologisch geschult worden. So leitet er eine Neonazi-Motorradgang, während Michelle Küster eine führende Rolle in der Identi-tären Bewegung innehat.
Zeitgleich findet in Detmold der Prozess gegen den ehemaligen Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning statt. Als Prozessbeobachter nimmt der Journalist Fabian Heller daran teil. Er berichtet vom Prozessverlauf und beobachtet während der Verhandlungen den Neonazi-Führer Wolfgang Kaup und dessen Motorradgang. Als die Morde in Wewelsburg passieren, wird Heller von seinem Chefre-dakteur darauf angesetzt.
Heller und Lenz kennen sich aus ihrer Schulzeit und begegnen sich nun wieder. Alte Animositäten müssen überwunden werden, aber dann greifen ihre Ermittlungen und Recherchen Hand in Hand. Als auch die zweite entführte Person geköpft, gepfählt und mit Brandmarken versehen in der soge-nannten „Gruft“, dem Gewölbekeller des Nordturmes der Wewelsburg, aufgefunden wird, mischt sich Heller unter die Wewelsburger Bevölkerung und macht sich dort ein Bild über den Umgang der Dorfbewohner mit ihrer Vergangenheit. Dabei hört er immer wieder Geschichten, die die Wewels-burger zu Opfern der SS stilisieren. Eine davon handelt von einem Sühnebegräbnis für fünf exeku-tierte Kriegsgefangene, die der Gestapo noch zum Kriegsende hin zum Opfer gefallen sind.
Gina Gladow und Fabian Heller nutzen eine FPA-Demo (Freie Patriotische Alternative, entspricht der AfD in der Realität) in Paderborn, um sich undercover unter die Gegendemonstranten von Pa-derbunt und Antifa zu mischen, während Lenz und seine Freundin Natascha die Kundgebung der Rechtspopulisten besuchen. Im Verlauf des Abends geraten Gina, Heller und Mario Hülsmann bei einer Sitzblockade gemeinsam in Gewahrsam der Polizei. Lenz hingegen beobachtet einen Grund-satzkonflikt zwischen Wolfgang und Johann Kaup, bei dem es darum geht, dass die alten Naziparo-len der Neuen Rechten auf dem Weg an die Macht schaden.