Der Streitgegenstand in der Arzthaftung im Spannungsfeld von Aufklärungs- und Behandlungsfehler
Christian Wagener
Soweit sich der Patient aufgrund negativer Folgen aus einer ärztlichen Behandlung entschliesst, den Arzt auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, kommen Ansprüche wegen einer nicht dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlung ebenso in Betracht wie Ersatzansprüche wegen einer unzureichenden Aufklärung des Patienten im Vorfeld der Behandlung. Diese stellen die beiden tragenden Säulen der Arzthaftung dar und sind damit die beiden möglichen Ausprägungen der deliktischen oder vertraglichen Haftung des Arztes. Folglich stellt sich für den Arzthaftungsprozess die Frage, ob die „Schadensersatzklage den gesamten medizinischen Vorgang, einschliesslich sämtlicher in Betracht kommender Behandlungs- und Aufklärungsfehler“ erfasst. Den Patienten fehlt oftmals die entsprechende Sachkunde, um ärztliche Fehler individualisieren zu können. Der Ausgang eines Haftpflichtprozesses gegen den behandelnden Arzt ist häufig entscheidend von Beweisfragen abhängig, so dass sich auch erst nach einem Sachverständigengutachten Anhaltspunkte zu einem weiteren, bislang nicht gerügten ärztlichen Fehlverhalten ergeben können. Mit Blick auf die prozessualen Folgen ist daher die genaue Bestimmung des Streitgegenstands unerlässlich. Diese ist nicht nur prozessual hinsichtlich des Umfanges der Rechtskraft eines klagabweisenden Urteils zu Lasten des Patienten, die in der Folge zu einem Ausschluss einzelner Haftungsgründe führen kann, massgeblich. Auch das materielle Recht kann – beispielsweise bezogen auf den Umfang einer eventuellen Hemmung der Verjährung einzelner Ansprüche gegen den Arzt durch die Klageerhebung – eng an den Streitgegenstand geknüpft sein.