Dramaturgie im Autorenfilm
Erzählmuster des sozialrealistischen Arthouse-Kinos
Michèle Wannaz
Aus einem guten Drehbuch, lautet eine alte Branchen-Weisheit, kann zwar immer noch ein schlechter Film werden, aus einem schlechten Drehbuch aber niemals mehr ein guter Film. Die meisten Drehbuchratgeber interessieren sich allerdings nur für die klassische Dreiaktstruktur. Im Bereich des Autorenfilms sind Manuale für Praktiker rar, genauso wie detaillierte filmwissenschaftliche Analysen. Ausgehend von einer Einführung in die Mainstream-Dramaturgie und -Figurenzeichnung spürt dieses Buch deshalb alternativen Erzählweisen nach – jenen des sozialrealistischen Arthouse-Kinos. Obwohl viele von dessen Vertretern reihenweise Kritiker und Festivaljurys begeistern sowie an der Kinokasse überaus erfolgreich sind, wurde seine Dramaturgie bisher kaum näher untersucht, sondern höchstens vage als „episch“ oder „dem Leben nachempfunden“ umschrieben. Bei genauem Hinsehen folgen die Filme aber überraschend oft klaren Mustern, die das klassische Aufbaugerüst systematisch modifizieren. Dies wird anhand von 18 Werken des jeune cinéma français, der Brüder Dardenne, Ken Loachs sowie der Neuen Berliner Schule nachgewiesen. So bietet das Buch einerseits eine fundierte filmwissenschaftliche Analyse, andererseits aber auch wertvolle dramaturgische Anregungen für Praktiker.