Erfahrung und Identität

Dass ich nur von mir spreche, geschieht aus übergroßer Gerechtigkeit, aus Gewissenhaftigkeit, nicht nur aus Selbstschätzung. Nämlich, weil ich nur mich kenne und von mir Auskunft geben kann. Else Lasker-Schüler, Briefe an Martin Buber, 1914 ——- Ihre Profession sind meine Zähne. Sie macht sich gelegentlich darüber her. Mit Hammer und Meißel, das Gerät nicht vom Baumarkt, nein, tausend Mal feiner und zierlicher, keine Frage, mit höchster Frequenz und chirurgischer Präzision, zischelnd, fauchend, lärmend und an meinen Nerven zerrend. Manchmal lächelt sie dabei. Ich bin es nicht, den sie meint, auf den ihre sich Mimik bezieht. Ich kann es nicht sein. Sie meint sich selbst. Sie lächelt, weil ihr etwas gelingt. Im Grunde kann es mir gleich sein. Und doch, denke ich, ohne die Liebenswürdigkeit, die sie entfaltet, ohne das bisschen Anmut, das sie ausstrahlt, und sei alles nur Glanz der Oberfläche, ohne diese Dinge geht es nicht. Ohne Nettigkeit, ohne: ein wenig umgänglich sein, nachsichtig, gewinnend, verständnisvoll ist das ganze Leben eine Russenkaserne.