Fremdlasten in der Sozialversicherung
Zugleich ein Beitrag zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Sozialversicherung
Hermann Butzer
Als Fremdlasten werden die Leistungen der Sozialversicherungsträger bezeichnet, deren Finanzierung zwar aus Sozialversicherungsbeiträgen erfolgt, aber eigentlich in anderer Weise finanziert werden müßte. Korrekterweise sollten sie entweder aus Steuermitteln erbracht werden, soweit sie nicht nur im Interesse der Sozialversicherten, sondern im Interesse aller Staatsbürger und der gesamten Gesellschaft sind; oder sie sollten aus finanziellen Mitteln des einzelnen Bürgers erfolgen, sofern man sie dem Selbstverantwortungsbereich des Individuums und nicht einer Kollektivverantwortlichkeit zuordnen kann. Je nach dem gewählten Abgrenzungsmaßstab wird für bis zu 40 Prozent des Leistungsvolumens der einzelnen Sozialversicherungszweige angenommen, daß es sich in Wahrheit um Fremdlasten handelt. Dennoch hat die seit längerem geäußerte finanz-, ordnungs- und verteilungspolitische Kritik an dieser Falschfinanzierung sozialer Leistungen beim Gesetzgeber kein Gehör gefunden. Hermann Butzer wählt einen neuartigen, versicherungszweigübergreifenden und zudem rein verfassungsrechtlichen Untersuchungsansatz. Ist der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung über Steuerfinanzierung, Beitragsfinanzierung oder Individualfinanzierung einer sozialen Leistung an verfassungsrechtliche Vorgaben gebunden? Falls ja, in welchem Umfang? Hermann Butzer erarbeitet Maßstäbe für eine Unterscheidung von Eigenlasten und Fremdlasten der Sozialversicherungsträger. Dies führt zu einer Analyse der kompetenz- und grundrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes für die Sozialversicherungsgesetzgebung. Damit leistet Hermann Butzer neben der rechtsdogmatischen Konturierung des Problems der Fremdlasten einen Beitrag zu einer stärkeren Dogmatisierung des Sozialversicherungsrechts.