Frühe Denkanstöße

Karl-Eduard von Schnitzler (28. 04. 1918 – 20. 09. 2001) war einer der bekanntesten politischen Journalisten und Publizisten in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum seinem Tode. Er hat sich über ein halbes Jahrhundert in ungezählten Kommentaren zu politischen Fragen öffentlich geäußert. Sie bilden zweifellos den umfangreichsten und wohl auch den bekanntesten Teil seines Schaffens. Charakteristisch für Schnitzlers Texte ist ihre klare, verständliche Sprache. Die gründliche Kenntnis geschichtlicher Entwicklungen befähigte ihn zu überzeugenden politischen Analysen. Deren Schärfe mochte manchem gelegentlich als unbarmherzig erscheinen. Ihre Wahrheit blieb unbestreitbar. Deutliche Wahrheiten aber sind fast immer auch unbequem. So hat sich Karl-Eduard von Schnitzler zeitlebens nicht nur viele Freunde und aktive Mitstreiter, sondern auch erbitterte und gnadenlose Feinde geschaffen, denen keine Verleumdung zu schäbig, keine Entstellung zu billig war. Sie haben ihn oft tief verletzt. Bei aller Schärfe seiner prinzipiellen Polemik aber hat er niemals mit solchen Mitteln und Methoden geantwortet.
Man könnte Schnitzlers Lebenswerk einem Hauptgedanken zuordnen. Das war sein eindeutiges, über alle wechselvollen Situationen und schmerzhaften Ereignisse unwandelbares Engagement für einen grundlegenden Wandel in Deutschland, für eine gesellschaftliche Alternative. Das war sein Kampf für eine antifaschistische, demokratische, dem Frieden verpflichtete deutsche Republik, die in der DDR vierzig Jahre lang in ihren Grundzügen staatliche Realität werden konnte.
Hier werden einige der ersten Rundfunk-Kommentare wiedergegeben, die Karl-Eduard von Schnitzler über BBC London und über NWDR Köln gesprochen hat. Aus seinen persönlichen Aufzeichnungen wissen wir, dass dies nur eine Auswahl ist. Schnitzler hat sich in jenen Jahren im Rundfunk häufiger zu Wort gemeldet. Die hier abgedruckten Texte hatte er für eine größere Veröffentlichung vorgesehen, die er nicht mehr fertigstellen konnte. Wir dürfen annehmen, daß ihm diese Kommentare besonders wichtig waren.
Márta Rafael-von Schnitzler, seine Witwe, hat das Material aus ihrem persönlichen Besitz für diesen Band zur Verfügung gestellt. Alle Texte lagen als Typoskripte vor, teils mit handschriftlichen Ergänzungen oder Änderungen. Sie werden vollständig wiedergegeben.

Heinz Grote