Geschichte auf der Bühne
Aufsätze zum politisch-historischen Drama des zwanzigsten Jahrhunderts
Sjaak Onderdelinden
Seit drei Jahrzehnten beschäftigt sich der Autor mit dem Thema des politischen und historischen Dramas, insbesondere im 20. Jahrhundert. Er hat aus vorhandenen Aufsätzen, die weit verstreut erschienen sind, eine Auswahl getroffen und präsentiert sie nun als zusammenhängenden Themenkomplex.
Das Geschichtsdrama ist im 20. Jahrhundert in der Hauptsache episches Theater. Ein erster Akzent liegt in diesem Buch denn auch bei Bertolt Brecht. Er spielt eine wichtige Rolle in den im ersten Aufsatz geschilderten Theaterskandalen der Weimarer Republik, die Einblick verschaffen in das sich unter dem Druck der politischen Verhältnisse verschiebende Kunstverständnis der letzten Jahre vor der Nazizeit. Nach einer Analyse von Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui folgt ein Abriss der Rezeptionsgeschichte Brechts in den Niederlanden, paradigmatisch für die Brecht-Rezeption in Westeuropa.
Historisches und politisches Drama seit den fünfziger Jahren steht im Zeichen der Brecht-Nachfolge, auch der Emanzipationsversuche. Beispielhaft dafür sind hier Friedrich Dürrenmatts Romulus der Große, dessen dritter Akt einer genauen Segmentanalyse unterzogen wird, und das dokumentarische Drama, von dem viele Beispiele, von Rolf Hochhuth über Peter Weiss und Dieter Forte bis hin zu Tankred Dorst und Heinar Kipphardt, unter der doppelten Perspektive der Textanalyse und der Rezeptionsdokumentation betrachtet werden.
Einen seltenen Ausflug in die Absurdität unternimmt Wolfgang Hildesheimers Mary Stuart, und auch die DDR-Parabel Die Ritter der Tafelrunde von Christoph Hein kommt nicht ohne absurde Züge aus. Den Band beschließt ein Exkurs in die andere Gattung historischer Literatur an Hand der Künstlerromane von Peter Härtling.