Jugendmode und Politik in der DDR und in Polen
Eine vergleichende Analyse 1968–1989
Anna Pelka
Mode wird oft als charakteristisches Element westlicher, marktwirtschaftlicher Gesellschaften betrachtet – gleichsam als ein Markenzeichen des Kapitalismus. Dagegen zeigt die vorliegende Arbeit, dass dieses Phänomen durchaus auch in sozialistischen Gesellschaften beschrieben werden kann. Die Autorin untersucht die Entwicklung der Jugendmode in der Volksrepublik Polen und in der DDR in der Zeit zwischen den sechziger Jahren und dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers 1989. Dabei wird die Entfaltung des Angebots modischer Kleidung für junge Menschen in den jeweiligen politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Kontext gerückt.
In Polen wie in der DDR war Jugendmode eine zutiefst politische Angelegenheit und ein Indikator der differenzierten Situation in den beiden Gesellschaften. Dabei treten neben vielen systembedingten Gemeinsamkeiten auch signifikante Unterschiede zu Tage. Ihre Ursachen liegen nur teilweise in den verschiedenen mentalen und kulturhistorischen Traditionen beider Länder, in der abweichenden Haltung zu ideologischen Postulaten oder in der besonderen Rolle Westdeutschlands für die DDR. Im Mittelpunkt der Studie steht die Herausarbeitung produktionsästhetischer, kunsthistorischer, politisch-ideologischer, soziokultureller und technologisch-ökonomischer Aspekte, die eine differenzierte Beschreibung der beiden Typen von Jugendmode im Sozialismus ermöglichen. Darauf baut auch die vergleichende Analyse und Interpretation der modepolitischen Entscheidungen auf: Wer bestimmte unter welchen Bedingungen die Jugendmode in den beiden Ländern? Welche Funktionen und künstlerischen Spielräume hatten die staatlichen Modeinstitutionen? Zeigen die Tendenzen im Modedesign und in den „Leitkollektionen“ spezifisch „nationale“ Stile und Merkmale der Jugendmode?
Die Untersuchungen münden in die Grundsatzfrage, ob und inwieweit sich die beschriebenen Phänomene in ein internationales Verständnis von „Mode“ integrieren lassen. Durchgängig konterkariert wird die Perspektive der Macht mit dem Blick auf das Modebewusstsein der Jugendlichen selbst: Wie beurteilten sie das staatliche Angebot? Welche alternativen Inspirationen hatten sie für ihr Bekleidungsverhalten? Und waren es nicht am Ende die Jugendlichen selbst – und nicht die westlichen Modevorbilder, die Partei oder die einheimischen Designer – die die Jugendmode in beiden Ländern bestimmten?