Metastrukturen europäischer Rechtskultur
Sebastian Heimann
Der Prozess der europäischen Integration hat in den letzten Jahrzehnten Höhen und Tiefen erlebt. Nach einer Welle der Eu(ro)phorie in den Neunziger Jahren, der mit der Schaffung des gemeinsamen Binnenmarktes durch den Vertrag von Maastricht, die Gründung des Schengenraums und der Einführung des Euro-Bargeldes seine Höhepunkte fand, erschien auch die Einführung eines gemeinsamen europäischen Zivilgesetzbuches nicht mehr als reine Utopie. Nachdem sich nunmehr aber seit der immer noch nicht bewältigten Flüchtlingsproblematik und Eurokrise sowie anhaltend sezessionistischer Tendenzen in Europa, gipfelnd im „Brexit“, die Union im permanenten Modus der Krisenbewältigung wiederfindet, fragt der Autor nach dem Inhalt und Wesen einer möglichen europäischen Rechtskultur. Ausgehend vom Entwurf über die Einführung eines gemeinsamen europäischen Kaufrechts durch die Europäische Kommission schlägt sie Brücken zur Frage der ökonomischen Performanz im Recht, deren genealogischen Ursprung in der Ideengeschichte des Abendlandes und ihrem Verhältnis zur republikanischen Verfassungstradition. Hierauf aufbauend versucht sie, zwischen wirtschaftlichen Imperativen und republikanischer Diskursethik durch die Ideen der Historischen Rechtsschule Friedrich Carl v. Savignys zu vermitteln.