»quasi fundator secundus«
Der Chemnitzer Abt Heinrich von Schleinitz (1483-1522) in seiner Zeit
Christoph Fasbender, Gesine Mierke
Unter seinem vorletzten Abt, dem Adligen Heinrich von
Schleinitz (Abt 1483-1522), entfaltete das Chemnitzer
Benediktinerkloster (1138) eine nie zuvor gesehene Pracht. Abt
Heinrich stammte aus einer weit verzweigten, politisch und kirchenpolitisch
in Sachsen sehr einflussreichen Familie. Von den
reichen Einkünften, die die Mönche aus dem Bergbau zogen, ließ
er einen neuen Kirchturm errichten, vergrößerte das Areal des
Klosters um neue Gebäude, ließ den nachmaligen Schlossteich
ausheben, gab eine Reihe hochwertiger Kunstwerke in Auftrag
und kaufte eine stattliche, zu guten Teilen noch erhaltene
Bibliothek zusammen. Kurzum: Heinrich von Schleinitz galt
seinen Mitbrüdern als eine Art Neugründer („quasi fundator
secundus“) der alten Klostergemeinschaft. Paul Schneevogel, um
1484 Lehrer an der Chemnitzer Lateinschule, widmete dem in
Leipzig und Ingolstadt studierten Mann humanistische Werke.
Misstrauisch beäugten die Chemnitzer das Kloster auf dem Berg
und seinen ehrgeizigen Vorsteher, der zum Gesprächspartner für
Intellektuelle und Bücherliebhaber aus dem ganzen Reich wurde,
umgekehrt aber keine Auseinandersetzung mit der Stadt scheute.
Als der verdienstvolle Abt 1522 von seinem Amt resignierte und
sich in die Kirche in Glösa zurückziehen wollte, wurden seine
Abfindungsforderungen geschickt in die Öffentlichkeit gespielt
und mit satirischen Kommentaren abgedruckt.