Quatuor Coronati Berichte 41/2021
Wiener Jahrbuch für historische Freimaurer-Forschung
Bernhard Martin, Marcus G. Patka
Trotz aller Pandemie-bedingter Schwierigkeiten ist es auch dieses Jahr wieder gelungen, zahlreiche Artikel im Wiener Jahrbuch für historische Freimaurer-Forschung zu vereinigen: Den Anfang macht Franz Praher mit einer Reise ins Mittelalter zu Johannes Reuchlin, der durch seinen Humanismus als Freimaurer avant la lettre bezeichnet werden kann. Die Bonner Universitätsdozentin und Ausstellungskuratorin Alma Hannig ist Österreich-Spezialistin, hat über Bertha von Suttner promoviert und schreibt bei uns über die Österreichische Friedensgesellschaft. An der Universität Wien tätig ist die Historikerin Brigitte Rath, die in jahrelanger Forschungstätigkeit das Material für eine Publikation zur Pazifistin Olga Misar zusammentrug. Sie verfasste einen Beitrag über deren Ehemann Wladimir Misar, der von 1922 bis 1938 als Großsekretär der Großloge von Wien diente. Beide zusammen stellten einen bedeutenden Knoten zwischen Netzwerken von Männern und Frauen der Wiener Zwischenkriegszeit dar. Von Wladimir Misar wurde auch ein Text zum Verein „Bereitschaft“ aus der Wiener Freimaurer-Zeitung übernommen. Dies in Ergänzung zu einem kurzen Beitrag von Marcus G. Patka zu diesem Verein, der quasi als Flaggschiff der sozial-aktivistischen Tätigkeit von Wiener Freimaurern gegründet wurde. Beides dient als Hinführung zu einer mediensoziologischen Analyse der Zeitschrift „Bereitschaft“ des Soziologen und neuen Mitherausgebers dieses Jahrbuchs Bernhard Martin. Ein weiterer Beitrag desselben Autors evaluiert verschiedene Projekte empirischer Sozialforschung zur Soziologie der Freimaurerei in Österreich im Rahmen der Freimaurer-Akademie der Österreichischen Großloge während der vergangenen 25 Jahre. Auf Publikumsinteresse über die Grenzen hinaus dürfte der Beitrag über die Entstehungsgeschichte des Lessing-Denkmals am Wiener Judenplatz von Marcus G. Patka stoßen, da hier ein nicht unwesentliches Stück Stadtgeschichte aufgearbeitet wurde und die Mitglieder österreichischer Logen dieses Denkmal nunmehr getrost als das „ihre“ bezeichnen können. Hierzu in Ergänzung erscheint ebenfalls aus der Wiener Freimaurer-Zeitung ein Text von Armin Brunner über Lessing. Einen „alpinen Schwerpunkt“ setzen Helmut Reinalter mit seinem Beitrag über die Innsbrucker Loge „Zu den drei Bergen“ und Andreas Herbst mit einem Vergleich der Freimaurerei in Österreich und der Schweiz. Der Essay von Alexander Emanuely geht auf die Abspaltung von der Loge „Zukunft“ im Jahr 1953 ein, aus der heraus sich eine Unabhängige Freimaurerloge gründete. Somit findet sich in diesem Jahrbuch ein großer Österreich-Schwerpunkt, der mit dem Abschnitt Europa ergänzt wird. Der Schotte John Belton stellte uns seinen bemerkenswerten Aufsatz zu Fragen der Regularität zur Verfügung, der nunmehr erstmals auf Deutsch erscheint. In Fortsetzung seiner Quellenedition zum Thema „Konferenz von Aachen 1928“ präsentiert Marcus G. Patka die Berichte, die Kurt Reichl darüber in den Jahren 1935 bis 1937 für die SS verfasst hatte. Den Abschluss bilden Peter Scheers Artikel über den Ethiker Hans Jonas und Johannes Kollers Würdigung der Shriners.