Soundtrack der Demokratie – Musik bei staatlichen Zeremonien in der Weimarer und der Berliner Republik
Thomas Sonner
Wenn ein Staat feiert, ist Musik viel mehr als nur festlicher Rahmen: sie stiftet Gemeinschaft, transportiert politische Botschaften und ermöglicht Identifikation. Der Musikwissenschaftler Thomas Sonner erforscht in „Soundtrack der Demokratie“ erstmals die Musik bei Zeremonien in der Weimarer und der Berliner Republik. Darin wird deutlich, wie sich die Kriterien zur Musikauswahl verändern, welche Traditionen fortbestehen, wie Klänge zur Staatsaffäre werden können und warum Tempo und Tonart der Nationalhymne sorgsam gewählt sein müssen.
Untersucht werden aus den Jahren 1990 bis 2015 Staatsakte, Trauerfeierlichkeiten, zentrale Festakte zum Tag der Deutschen Einheit und zentrale Veranstaltungen am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Ausführlich dargestellt wird die Entwicklung des Großen Zapfenstreichs von seiner ersten Aufführung 1838 bis heute. Dies ermöglicht einen neuen Blick auf die Musik der Serenade bei Zapfenstreichen, die für Bundespräsidenten, Bundeskanzler und Verteidigungsminister aufgeführt wurden sowie zu Jubiläen der Bundeswehr.
Ausführlich analysiert werden Fälle, in denen öffentlich über die Musikauswahl gestritten wurde: Passen „Smoke on the water“ und „Over the rainbow“ in einen Großen Zapfenstreich? Warum führte ein sogenannter „Hymnenmix“ zum Tag der Deutschen Einheit zu politischen Verwerfungen? Überhaupt: Wer wählt die Musik aus und engagiert die Ensembles? Zahlreiche Personen aus Protokoll-Abteilungen, Militär und Musikbetrieb gaben Auskunft. Etliche Archivdokumente wurden erstmals zugänglich gemacht und vom Autor ausgewertet.
Die Vorbilder für diese Feiern liegen oft in Zeremonien der Weimarer Republik. Diese musste sich von der Repräsentation des Kaiserreichs abgrenzen, gleichzeitig aber durch Formen und Stücke genug Identifikation mit dem neuen Staat ermöglichen. Durch die Analyse der Feiern zum Verfassungstag und der staatlichen Trauerfeiern wird deutlich, wie die Demokratie sich immer selbstbewusster und aufwändiger darstellte und doch stets Elitefeier und Volksfeier musikalisch trennte.