Wenn’s schneit beim Krokodil
Erzählungen
Monique Schwitter
In den Erzählungen von Monique Schwitter wird gespielt, sehr ernst und auf hohem Niveau; ihre Personen wissen, dass sie spielen – auch wenn sie es ernst meinen. Sie können gar nicht anders: das Als-ob ist ihnen zur Notwendigkeit geworden, egal ob es um sexuelles Begehren geht oder um anderes, egal ob sie ihre eigene Ironie durchschauen oder nicht. Die Intelligenz, mit der Monique Schwitter diese ernsthaften und manchmal durchaus heftigen Simulationen transparent macht, ist so groß wie das Vergnügen, das die Lektüre bereitet.
Diese Geschichten sind geschrieben mit einem unerbittlichen Auge für Situationen, in denen alles offen ist und aus denen noch alles werden kann, und mit dem scharfen Gehör für die Sätze, die Menschen im Offenen miteinander wechseln. Zwei junge Frauen auf einer Parkbank, eine Rotweinflasche, und zwischen ihnen ein offenes Schweizermesser. Sie denken sich Indianernamen füreinander aus und die Frage ‚Sag mal, wieviel Erfahrung hast du eigentlich mit Frauen‘ hängt in der Luft. Oder: Eine Frau kehrt auf Weihnachtsurlaub in die Heimatstadt zurück; diesmal erwartet sie ein anonymer Brief mit einer Verabredung im Zoo, ‚wenn’s schneit beim Krokodil, sonst beim Kamel‘. Alle möglichen Absender passieren vor ihrem inneren Auge Revue – und damit auch alles, wofür ›Heimat‹ steht, ein ganzes ‚Erinnerungspaket‘ aus Kindheit, Jugendzimmer, Lehrerin, Männern. Oder: Eine Autofahrt mit einem fremden Mann in einem fremden Land, sie fotografiert durch die verschmierte Scheibe die Straße voller plattgefahrener Tiere, ’soundsoviel Katzen, Frösche, Füchse, Marder, Vögel.‘
Eine schonungslose und neugierige neue Erzählerin, und die Erzählungen sind ihre Sonden, mit denen sie das Unbekannte abtastet.