Metaphysik und Verstehen
Zur metaphysischen Dimension der Pädagogik der Naturwissenschaften
Arne Luckhaupt
Obgleich der naturwissenschaftliche Schulunterricht unter der bildungspolitischen Chiffre ‚MINT‘ seit einigen Jahren ein hohes Maß an medialer Aufmerksamkeit und finanzieller Zuwendung erfährt, vermag er die intendierten Ergebnisse im Hinblick auf eine angemessene naturwissenschaftliche Bildung doch nicht zu zeitigen; birgt er vielmehr ein fundamentales Problem. Dieses besteht in einer gänzlich unzureichenden erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Güte dieses Unterrichts. Der Begriff der Natur ist in ihm so weit reduziert, dass die Natur den Naturwissenschaften eigentlich in Gänze verschlossen bleiben müsste. Die Diskrepanz zwischen der bildungspolitischen Priorisierung naturwissenschaftlicher Bildung einerseits, welche andererseits nur um den Preis der Verkürzung der naturwissenschaftlichen Gegenstandsauffassung zu haben ist, bildet den Ausgangspunkt dieser Studie. Ausgehend von diesem pädagogischen Skandalon untersucht sie die für eine naturwissenschaftliche Bildung angemessenen erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Bedingungen der Möglichkeit von naturwissenschaftlicher Erkenntnis. Von zentraler Bedeutung ist hierbei der Anspruch der Metaphysik als grundlegender Voraussetzung jeglichen Verstehens von Welt. Anhand einschlägiger philosophischer Zugänge aus Antike, Mittelalter und Neuzeit arbeitet die Studie den erkenntniseröffnenden kritischen Gehalt metaphysischen Denkens heraus, um gerade dadurch das Verhältnis von Metaphysik und Naturwissenschaft als ein Kernproblem pädagogischen Verstehens in der Fachdidaktik zu explizieren. Aus den unternommenen Analysen naturwissenschaftlicher Bildung resultiert darüber hinaus die Erkenntnis der spezifischen Bedeutung metaphysischen Denkens für eine Allgemeine Pädagogik, welche speziell die gegenwärtige wissenschaftspolitische Infragestellung der Disziplin unter Kritik stellt.