Reprint, 640 Seiten mit 10 Abbildungen. Autor Johann Binhard. GESAMTAUSGABE BAND 1-3. ORIGINALTITEL: Das ist: Geschicht und Zeitbuch aller namhafftigsten Historien Sachen und Handlungen von der Geburt und Menschwerdung unsers einigen Erlösers und Seligmachers Jesu Christi an biß auff diß gegenwertige M.DC.XIII. Jahr vollzogen: Darinnen alle Händel, Stifftung und erbawung der meisten und fürnembsten Städte, Kirchen, Clöster, Schlösser, Flecken und Dörffer, im gantzen Thüringer Lande, wenn, wo, durch wen, und worumb sie gebawet.
Aus dem Nachwort von Dr. Helmut Roob: Johann Binhards „Thüringische Chronica“ von 1613 ist kein landesgeschichtliches Werk im heutigen Sinne. Im Untertitel nennt er es „Geschicht- und Zeitbuch“ und erläutert dann den Inhalt seines umfangreichen Werkes, das er in drei Bücher gegliedert hat. „Mit grosser Mühe / Fleiss und Arbeit“ hat er zusammengetragen, was dem Leser „auch nützlich zu lesen“ sein soll. Am Ende hat er die drei Bücher seiner Chronik durch drei Register erschlossen. Ausser den Lebensdaten zahlreicher Fürsten und Grafen und ihrer Taten sind es die grossen und kleinen Begebenheiten in den Städten und Dörfern. Da sind vor allem die zahlreichen Brandkatastrophen in jener Zeit, die viele Menschen, die dabei ihr Hab und Gut verloren, obdachlos gemacht haben. Dann sind es die Pestjahre, z. B. 1582, als das Schloss in Tüngeda erbaut wurde, und 1598 und 1611, als in manchen Dörfern über 100 Menschen in einem Jahr starben. Andere Katastrophen verursachten lange, trockene oder kühle und nasse Sommer - aus den Mißernten folgten grosse Teuerungen, weil es an Brotgetreide und Futtermitteln fehlte. Auch Hagelschäden und späte Fröste im Frühjahr, sogar „Pfingesten auf dem Eis“ wurden als ungewöhnliche Witterungserscheinungen registriert. Gerade die Periode des späten 16. Jh. bis gegen Ende des 17. Jh. ist heute in der Klimageschichte Mitteleuropas als „kleine Eiszeit“ bekannt. Erstaunlich ist hier die mehrfache Erwähnung des Weinanbaus, danach war manchmal „der Wein viel und gut“, aber auch erfroren bzw. „verdorben“. Dagegen ist der Anbau des Waids nicht im Register zu finden, obwohl Tüngeda und die umliegenden Ortschaften zu den 300 Waiddörfern in Mittelthüringen gehörten. Heute noch bezeugt in Tüngeda ein Waidstein und der Flurname „Waidmühlenteich“ die einstige Existenz einer Waidmühle, mit der die grossen Blätter der gelbblühenden Waidpflanzen zermahlen wurden, die den Rohstoff für das Waidblau als Textil- und Malerfarbe lieferten. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) sind der Waidanbau und damit auch der weitreichende Exporthandel mit dieser Farbe eingegangen. Später wurde der Waid nur noch in geringem Umfang angebaut und mehr als Heilpflanze als für die Farbgewinnung genutzt. - Von den Unwettern, die grosse Schäden angerichtet haben, finden Gewitter, „grosse Winde“ (Stürme) und außergewöhnliche Regengüsse, darunter die „Thüringer Sintflut“ von 1613 bei Binhard ihre besondere Aufmerksamkeit. Mäuse- und Hamsterplagen werden ebenso registriert wie die Mißgeburten bei Mensch und Vieh in zahlreichen Orten. Dabei fällt auf, dass die Schreibung von Ortsnamen damals oft eine andere ist als heute und teils nach Gehör, teils nach der Mundart erfolgte.
Aus dem Vorwort von Dr. Gunter Görner: "Johann Binhards „Newe Vollkommene Thüringische Chronica“, die im Jahre 1613 in Leipzig vom Verleger Christoff Nerlich veröffentlicht wurde, gehört zu den kulturhistorisch interessantesten und detailliertesten und ist zugleich die letzte in der Reihe von Thüringer Chroniken, die bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges im Druck erschienen sind.
Bereits im Spätmittelalter gehörte Thüringen und insbesondere dessen größte und volkreichste Stadt, die Universitätsstadt Erfurt, zu den Zentren der deutschen Geschichtsschreibung. Zunächst waren es die Mönchsorden, vornehmlich die Benediktiner, sowie die zu den Bettelorden gehörenden Franziskaner und Dominikaner, die ältere Handschriften und Urkunden sammelten, abschrieben und durch die Aufzeichnung bedeutsamer religiöser, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Ereignisse, sowie außergewöhnlicher Naturphänomene ihrer Zeit ergänzten.
So gehört die im Erfurter Peterskloster von Benediktinermönchen im ausgehenden 15. Jahrhundert aufgezeichnete und mehrfach ergänzte „Chronica St. Petri moderna“ 1) zu den herausragenden deutschen Geschichtsquellen des Spätmittelalters. Dieses Kloster besaß bereits vor 1480 eine der ersten Buchdruckerpressen in Thüringen.
Auch unter den Weltgeistlichen gab es einige hochberühmte Chronisten. Der bekannteste von ihnen ist zweifellos der aus Kreuzburg an der Werra gebürtige Johann Rothe (um 1365 - 5.5.1434), seit 1387 Priester, später Canonicus, seit 1422 Scholasticus des Marienstifts zu Eisenach und Kapellan der Landgräfin Anna, der Gemahlin Friedrichs des Friedfertigen. Er schrieb seine Chronik gegen Ende seines Lebens. Seine Erinnerung, zusammen mit demjenigen, was er als junger Mensch von Älteren gehört hatte, reichte weit bis ins 14. Jahrhundert zurück. Natürlich stützte sich Rothe darüberhinaus auf zahlreiche schriftliche Quellen, darunter die Werke des Lampertus, des Ekkehardus Uraugiensis mit der Fortsetzung des Chronicon Urspergense, des Annalista Saxo und bei den thüringischen Quellen insbesondere auf die Historia Erphesfordensis anonymi autoris de lantgraviis Thuringiae, die mit dem Jahr 1426 abschließt, das Chronicon Erfurtense Sampetrinum, die Annales Reinhardsbrunnenses und andere Handschriften."
Aktualisiert: 2019-10-27
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