Der Journalist Peter Grabowski setzt sich in seinem Beitrag mit dem provokanten
Titel „Die Demokratie muss weg“ mit Meinungsfreiheit und wehrhafter Demokratie
auseinander.
Mit Verweisen in die Literatur- und Kunsttheorie der vergangenen 40 Jahre nimmt
sich Friedericke Wappler der Fragestellung an, wie bildende Kunst auch eine partizipative,
aktivierende sein kann, ohne durch sozialpolitische Verzweckung ihren
Kunstcharakter zu verlieren.
Michael Wimmer arbeitet sich an der Schnittkante massiver sozialer Ungleichheit
und der sich proportional dazu verhaltenden kulturellen Partizipation ab. Ihm
schwebt eine Kulturpolitik vor, die sich an der Vielfalt der offenen Gesellschaften
orientiert und deren Ankerpunkte nicht Besitzstandswahrungswünsche der einzelnen
Gruppen sind, sondern der Notwendigkeit einer gemeinsamen gesellschaftlichen
Entwicklung Rechnung tragen. Die Gefahr, aus Kulturpolitik Sozialpolitik zu
machen, ist dabei immer greifbar.
Am Beispiel Tanz zeigt Ulla Geiges aus praktischer Erfahrung heraus, wie kulturelle
Bildung – politisch gewollt – zur Sozialarbeit verkommen ist und weist einen Weg
auf, wie kulturelle Bildung tatsächlich das sein kann, was sie verspricht.
Abschließend wird Tobias Knoblich auf die enge Verzahnung von Gesellschaftspolitik
und Kulturpolitik verweisen, wie sie den Alltag der kommunalen Kulturarbeit
bestimmt.
Über Geld reden wir hier in dieser Publikation nicht, nicht über absolute Zahlen
und auch nicht über prozentuale Angaben. Wenn man sich aber den teils erbittert
geführten Streit über die Verteilung der Gelder für die Kultur in den Kommunen
und Ländern anschaut, dann wird schnell deutlich, dass es nicht um die Sanierung
von dramatisch verschuldeten Gemeinden gehen kann (denn die ließen sich auch
mit der totalen Streichung von ca. 1-2% der Haushalte nicht sanieren), sondern um
Deutungshoheit über das, was überhaupt als Kultur bezeichnet wird, was förderungswürdig
erscheint, letztlich, wessen Weltsicht sich durchsetzt. Angesichts der
real fließenden Summen sollte an anderer Stelle noch einmal über die Gründe für
die Heftigkeit dieser Auseinandersetzung nachgedacht werden, zumal – wenigstens
in NRW – im Schnitt mehr als die Hälfte der kommunalen Ausgaben für Soziales
aufgebracht werden.
Wir hoffen mit den Aufsätzen, die umgearbeitete Vorträge der Tagung im März 2016
in Villigst sind, einen Einblick in die vielfältigen Facetten von Kulturpolitik, Kultur
und Bildung, Politik und Meinungsfreiheit zu vermitteln, zu Diskussionen anzuregen
und Gedanken freizusetzen, damit wir alle eine Idee davon haben, wie Kunst
und Kultur, wie Kulturpolitik, wie unsere Freiheitsrechte uns beleben und in unserer
Gesellschaft verorten. Um an die Eingangsfrage anzuknüpfen: Ja, die Stunde der
Kulturpolitik hat geschlagen!
Aktualisiert: 2019-12-30
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