Zu Recht gelten die Erzählungen aus 1001 Nacht, seit sie im frühen 18. Jahrhundert ihren Siegeszug durch alle Länder angetreten haben, als das schönste Geschenk des Morgenlandes an die Welt. Gibt es doch kaum Menschen auf diesem Erdball, die nicht mindestens in ihrer Kindheit direkt oder indirekt eine Reihe fantasievoller Vorstellungen aus diesen arabischen Märchen in sich aufgenommen haben. Indem Katharina Mommsen als erste Goethes starke Beeinflussung durch 'die gröβte Fabuliererin aller Zeiten', Scheherazade, eingehend untersucht und darstellt, demonstriert sie gleichzeitig die kulturelle Dankesschuld speziell der deutschen Literatur, aber darüber hinaus der gesamten Weltliteratur gegenüber diesem Meisterwerk arabischer Erzählkunst.
Viele Dichter in aller Welt lieβen sich durch 1001 Nacht bezaubern, aber keiner geriet so in deren Bann wie Goethe. Durch eine Fülle von Zeugnissen erbringt die Autorin den Beweis für seine lebenslängliche Beschäftigung mit der orientalischen Märchenwelt. Sie zeigt, dass 1001 Nacht zu den wenigen Lieblingsbüchern gehörte, aus denen er sich in allen Lebensstadien reichste Anregungen für sein Schaffen holte. In vielen Fällen, wo er als Fabulierer bestrebt war, eine Atmosphäre von Traum und Zauber in seiner Dichtung zu verbreiten, wo er den Leser Märchenluft atmen lässt, zog er mit Vorliebe Motive, Situationen, ja ganze Handlungsabläufe aus 1001 Nacht heran. Für das Verständnis dieses Goetheschen Schaffensbereichs ist es eine unentbehrliche Voraussetzung zu wissen, in welchem Ausmaβ und welcher Art die Scheherazade hier ein- und mitwirkte. Ihr Einfluβ erstreckt sich nicht nur auf epische Darstellungen, wie die Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten, Wilhelm Meister, die Wahlverwandtschaften, die Novelle, sondern überrraschenderweise fast noch stärker auf das Drama. Besonders wichtige Aufschlüsse erhalten wir durch den Nachweis, daβ selbst im 2. Teil des Faust eine ganze Reihe von Szenen 1001-Nacht-Erzählungen nachgestaltet sind.
Ein echtes Verstehen dieser Faust-Szenen, zu denen die Mummenschanz, die Klassische Walpurgisnacht und der Helena-Akt gehören, ist ohne die Kenntnis ihrer Herkunft aus der Welt der orientalischen Märchen überhaupt nicht möglich. Selbst um Helena, die klassischste aller klassischen Gestalten, zu schaffen, inspirierte Goethe sich bewusst an Erzählungen von Märchenprinzessinnen aus 1001 Nacht. Mit der Auffindung solcher west-östlichen Berührungen unter der griechisch-antiken Oberfläche lösen sich viele Probleme, die seit langem die Kommentatoren in Verlegenheit setzten. Der dadurch erzielte Gewinn liegt nicht nur im stofflichen Bereich der 'Quellenforschung'. Ebenso wertvoll ist der Einblick in Goethes Arbeitsweise, in die Methode seines künstlerischen Gestaltens. Manche Fragen nach Sinn und Gehalt lassen sich jetzt erst schlüssig beantworten, nachdem über die Grundlagen und Voraussetzungen der Dichtung Klarheit geschaffen ist.
Aber auch die geistige Struktur der 1001-Nacht-Erzählungen wird hier untersucht. Goethes Vorliebe für besondere Züge dieses arabischen Sammelwerkes offenbart uns zugleich die Qualitäten, durch die es seine einzigartige Stellung in der Weltliteratur errang. Von Goethe her sehend, erfährt man nicht nur vieles über die poetische Eigenart des arabischen Sammelwerkes, sondern wird auch aufmerksam auf den hohen ethischen Wert der 1001-Nacht-Erzählungen.
Aktualisiert: 2023-04-11
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Birgit-Sara Fabianek: Weißt du, wie viel Sternlein stehen? Durch Verkehr, Leuchtreklame und angestrahlte Bauten werden unsere Nächte immer heller. Der Sternengucker Andreas Hänel will wieder mehr Dunkel ins Licht bringen-
--- --- Die Dunkelheit hat die Menschen immer schon fasziniert – aber auch geschreckt. Die Nacht wirkt auf Stimmungen, und sie fördert Stimmungen. Sie kann Vertrautheit und Intimität fördern, aber auch die Einsamkeit und das Gefühl der Verlorenheit verstärken. In jedem Fall ist sie eine eigentümliche Zeit.
Aktualisiert: 2020-07-07
Autor:
Britta Baas,
Elisabeth Bronfen,
Birgit S Fabianek,
Karl J Kuschel,
Hartmut Meesmann,
Claudia Mende,
Renate Naber,
Tonio Postel,
Peter Rosien,
Silvia Schroer,
Hauke Trinks
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Nach einem rasanten Aufstieg als Lyriker und Erzähler gerät Rainer Maria Rilke 1910 in die größte Produktivitätskrise seines Lebens. Dem sollte eine große Reise durch Nordafrika und Ägypten im Winter 1910/11 abhelfen.
Auf der Reise wird er ergriffen von der Lebendigkeit und Einfachheit muslimischer Frömmigkeit, wie sie ihm in Algier, Tunis und im tunesischen Kairouan entgegentritt. Gott will Rilke künftig auch „von Mohammed her fühlen“. Ähnlich sind die Erfahrungen im folgenden Winter 1912/13. Rilke reist durch Spanien, sieht Toledo, Cordoba und Ronda. Eine Gottunmittelbarkeit stellt sich ein, die zu Rilkes intensivsten Lebenserfahrungen gehören.
Prof. Karl-Josef Kuschel
lehrt Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs an der Universität Tübingen.
Aktualisiert: 2022-05-06
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Der uralten Tradition Chinas in Literatur, Theater und Philosophie hat Brecht große Beachtung geschenkt. Brecht reflektiert seine Rolle als „verbannter Dichter“ auch im Spiegel großer chinesischer Lyriker wie Tu-Fu und Po-Chüyi (8./9. Jahrhundert). Von besonderer Aktualität wird für Brecht der große chinesische Weise Lao Tse. Mit Lao Tse setzt er auf eine durch den Künstler mit zu befördernde politische Aktivität, in der am Ende die jetzt Schwachen und Ohnmächtigen über die jetzt Mächtigen und Starken siegen werden.
Prof. Karl-Josef Kuschel
lehrt Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs an der Universität Tübingen.
Aktualisiert: 2022-05-06
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Nach der Feier des 600. Geburtstags von Aeneas Silvius Piccolomini, alias Papst Pius II., dem Stifter der Universität Basel (1460), im letzten Jahr (vgl. VASS XLII: Terzoli) mit der glanzvolllen internationalen Studientagung, organisiert durch Frau Prof. Dr. Maria Antonietta Terzoli (vgl. Akten Piccolomini in dieser Vorschau), entschied sich der Stiftungsrat der Aeneas-Silvius-Stiftung für das Thema Dialog mit dem Islam und holte für den Vortrag 2006 mit Prof. Dr. Dr. h.c. Karl-Josef Kuschel, Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, den führenden Vertreter des Forschungsfeldes Theologie und Literatur. Seine Werke zum Dialog der Religionen sind für eine interkulturell und interreligiös offfene Theologie grundlegend und richtungweisend.
Aktualisiert: 2019-10-30
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Drei Indien-Reisen im Zeitraum von 1975 bis 1986 haben im Werk von Günther Grass Spuren hinterlassen. Er bricht dabei entschieden mit einem Indien-Bild der deutschen Literatur, das von der Romantik inspiriert und von Hermann Hesse verfestigt wurde („indische Dichtung“ „Siddhartha“).
Dem stellt Grass seine radikale politische Kritik an den sozialen Zuständen in Indien entgegen: Massenarmut, Überbevölkerung, verelendete Städte. Spätestens mit seinem wichtigsten Indien-Buch „Zunge zeigen“ (1988) gewinnt Grass ein komplexes Bild von Indien. Die geistige Mitte des Buches bildet die Göttin Kali. Sie steht für die zerstörerische Seite des Göttlichen. Die „schreckliche Mutter“, ist aber auch eine Kraft der Veränderung, bei der die Machtverhältnisse und sozialen Zustände nicht so bleiben können wie sie sind.
Prof. Karl-Josef Kuschel
lehrt Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs an der Universität Tübingen.
Aktualisiert: 2022-05-06
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Dichtung und Literatur stellen die „Frage nach Gott“ auf ihre ganz eigene Weise. Karl-Josef Kuschel, der bekannte Grenzgänger zwischen Theologie und Literatur, meint die Frage, ob sich Gott „vielleicht einige Dichter hält“, ganz im Sinne dieses gesamten Zitats: „. damit das Reden von ihm jene heilige Unberechenbarkeit bewahre, die den Priestern und Theologen abhanden gekommen ist.“
Im ersten Band werden Franz Kafka, Rainer M. Rilke, Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn, Kurt Tucholsky, Joseph Roth, Hermann Hesse und Thomas Mann porträtiert.
Aktualisiert: 2018-03-07
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Aktualisiert: 2016-03-09
Autor:
Klaus M Bresgott,
Markus Dröge,
Beate Frankenberger,
Harald Habermann,
Stefanie Heider,
Martin Hein,
Julia Helmke,
G. Jaeger,
Anne C Jüdes,
Karl J Kuschel,
Christoph Markschies,
Ralf Meister,
Christhard G Neubert,
Martin Schmidt
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