In jüngster Zeit rückt die Problematik der Vernachlässigung und Ge-waltanwendung gegen Kinder in den Fokus öffentlicher Wahrnehmung. Grund dafür waren bekannt gewordene Vernachlässigungsfälle in Familien, die sogar bis zum Tode eines Kindes führten.
Die Autorin – gefördert durch das Deutsche Jugendinstitut in München – wendet sich diesem besonderen Handlungsfeld justizieller Tätigkeit zu. Letzte Hilfeinstanz für vernachlässigte und misshandelte Kinder ist oftmals das Familiengericht. Dessen weitestgehende Maßnahme besteht in der gänzlichen Entziehung des Sorgerechts der Eltern. Das Zusammenspiel, aber auch der Konflikt von natürlichem Elternrecht und staatlichem Wächteramt zeigt sich an dieser Stelle in markantester Weise.
Konkret geht es um die Frage, wie die komplizierten §§ 1666, 1666a BGB in der Praxis gehandhabt werden. Die Autorin untersucht im Rahmen eines qualitativen Forschungsansatzes, wie und mit welcher Methodik das Familiengericht seinen Handlungsauftrag wahrnimmt, insbesondere, ob sich hier Standards der Entscheidungsfindung herausgebildet haben. Dabei wird insbesondere die Zusammenarbeit von Jugendamt und Familiengericht betrachtet. Vorgehensweise, Zusammenwirken und Methode der Entscheidungsfindung sind hier von erheblicher Bedeutung. Zudem werden alternative Verfahrensregelungen sowie mögliche Modelle der Prävention in Hamburg diskutiert.
Nach Auswertung von Experteninterviews mit Hamburger Familienrichtern und der Analyse familiengerichtlicher Akten gelangt die Autorin zu dem Ergebnis erheblicher Unterschiede sowohl in der richterlichen Verfahrensgestaltung als auch in der Wahrnehmung der Amtsermittlungspflicht. Wesentliche Elemente der spezifischen gerichtlichen Tätigkeit in Kindeswohlverfahren manifestieren sich in einem weitgehend individuellen Handeln der Familienrichter nach eigenen Kriterien unter Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit.
Der interdisziplinäre Ansatz der Arbeit garantiert einen umfassenden Einblick in die Problematik der Gewalt- und Vernachlässigungsforschung und erweitert das Vorverständnis für rechtliche Überlegungen in Bezug auf den Kindesschutz. Das Buch soll dazu beitragen, die Ausgestaltung der Kindesschutzverfahren zu verbessern sowie früher greifende Schutz- und Hilfemechanismen zu entwickeln. Dabei handelt es sich nicht bloß um juristische Theorie, sondern um existentielle Probleme der einzelnen Kinder und letztlich der Gesellschaft schlechthin.
Aktualisiert: 2023-07-01
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In jüngster Zeit rückt die Problematik der Vernachlässigung und Ge-waltanwendung gegen Kinder in den Fokus öffentlicher Wahrnehmung. Grund dafür waren bekannt gewordene Vernachlässigungsfälle in Familien, die sogar bis zum Tode eines Kindes führten.
Die Autorin – gefördert durch das Deutsche Jugendinstitut in München – wendet sich diesem besonderen Handlungsfeld justizieller Tätigkeit zu. Letzte Hilfeinstanz für vernachlässigte und misshandelte Kinder ist oftmals das Familiengericht. Dessen weitestgehende Maßnahme besteht in der gänzlichen Entziehung des Sorgerechts der Eltern. Das Zusammenspiel, aber auch der Konflikt von natürlichem Elternrecht und staatlichem Wächteramt zeigt sich an dieser Stelle in markantester Weise.
Konkret geht es um die Frage, wie die komplizierten §§ 1666, 1666a BGB in der Praxis gehandhabt werden. Die Autorin untersucht im Rahmen eines qualitativen Forschungsansatzes, wie und mit welcher Methodik das Familiengericht seinen Handlungsauftrag wahrnimmt, insbesondere, ob sich hier Standards der Entscheidungsfindung herausgebildet haben. Dabei wird insbesondere die Zusammenarbeit von Jugendamt und Familiengericht betrachtet. Vorgehensweise, Zusammenwirken und Methode der Entscheidungsfindung sind hier von erheblicher Bedeutung. Zudem werden alternative Verfahrensregelungen sowie mögliche Modelle der Prävention in Hamburg diskutiert.
Nach Auswertung von Experteninterviews mit Hamburger Familienrichtern und der Analyse familiengerichtlicher Akten gelangt die Autorin zu dem Ergebnis erheblicher Unterschiede sowohl in der richterlichen Verfahrensgestaltung als auch in der Wahrnehmung der Amtsermittlungspflicht. Wesentliche Elemente der spezifischen gerichtlichen Tätigkeit in Kindeswohlverfahren manifestieren sich in einem weitgehend individuellen Handeln der Familienrichter nach eigenen Kriterien unter Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit.
Der interdisziplinäre Ansatz der Arbeit garantiert einen umfassenden Einblick in die Problematik der Gewalt- und Vernachlässigungsforschung und erweitert das Vorverständnis für rechtliche Überlegungen in Bezug auf den Kindesschutz. Das Buch soll dazu beitragen, die Ausgestaltung der Kindesschutzverfahren zu verbessern sowie früher greifende Schutz- und Hilfemechanismen zu entwickeln. Dabei handelt es sich nicht bloß um juristische Theorie, sondern um existentielle Probleme der einzelnen Kinder und letztlich der Gesellschaft schlechthin.
Aktualisiert: 2023-04-01
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