Die Untersuchung entstand im Kontext der Berufstätigkeit der Autorin: Ihr sozialpädagogisches Handlungsfeld mit Kindern lag lange Zeit an der Schnittstelle des Überganges von Einrichtungen des Elementarbereiches in die Grundschule.
Kirstin Urieta war sowohl als Grundschullehrerin als auch als Leiterin einer Vorschuleinrichtung tätig, so dass sie den Übergang von beiden Handlungsfeldern aus beruflich begleitet hat und beide institutionellen Perspektiven kennen gelernt hat.
Als Mutter zweier Kinder konnte sie diesen Übergang neben der beruflichen Begleitung auch aus privater Perspektive miterleben.
Beobachtungen lassen dabei den Schluss zu, dass für einen Teil der Kinder und ihr familiäres Umfeld der Schuleintritt ein enormes Stresspotential beinhaltet. Es sind insbesondere Kinder, die durch ihr Verhalten bereits im Elementarbereich auffallen und für die sich ein schwieriger Übertritt vermuten lässt.
Die sozialpädagogischen Fachkräfte und die Lehrkräfte an den Grundschulen verfügen aus Frau Urietas Erfahrung und ihren Beobachtungen zufolge in der alltäglichen Arbeit mit diesen Kindern über wenig professionell entwickelte Strategien des Umganges.
Sie konnte häufig beobachten, dass zwischen den fachlich begründeten Normen, wie sie in der wissenschaftlichen Literatur und in der Ausbildung der Fachkräfte vermittelt werden, und der praktischen Arbeit in vielen Kindergärten und Grundschulen Diskrepanzen bestehen. Hinsichtlich des Übergangsgeschehens lässt sich oftmals wenig Sensibilität finden.
In ihrer beruflichen Tätigkeit spezialisierte sich Frau Urieta auf den Übergang vom Elementar- zum Primarbereich und möchte mit dieser Arbeit die Übergangspassage wissenschaftlich hinterfragen.
Kristin Urieta unterrichtet an der Fachakademie für Sozialwesen (AGUS) in Neuruppin, Fachbereichsleiterin KitaErzieherIn und Praxiskoordinatorin.
Thema und Ziel der Untersuchung
Diese Studie richtet den Fokus auf schwierige kindliche Entwicklungsverläufe im Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Es handelt sich um eine theoretisch fundierte qualitative Längsschnittstudie, die drei Kinder vier Jahre lang begleitet.
Die Längsschnittstudie beginnt im Jahr 2005 und endet 2009, in diesem Zeitraum sind die Kinder zwischen 4 und 9 Jahre alt. Der erste Teil der Erhebung findet im Elementarbereich, der zweite Teil im Primarbereich statt. Untersucht werden Kinder in schwierigen Situationen, die bereits im Elementarbereich durch ein Verhalten auffallen, das einen schweren Übergang vermuten lässt.
Das Auswahlkriterium für diese drei Kinder war ihr sichtbares Leiden an der Schwelle, ihr Protesthandeln und ihr Weinen.
Hacker charakterisiert diesen Übergang als „Nahtstelle“, an dem die Unterschiede zwischen den Kindern besonders deutlich in Erscheinung treten. Er kritisiert den Umstand, dass vielen Lehrern und Bildungspolitikern nicht richtig bewusst ist, dass von Übergangssituationen Störungen ausgehen können.
In der vorliegenden Arbeit wird explizit auf diese Störungen geschaut. Carle et al. weisen darauf hin, dass Bildungsübergänge hochemotionalisierte Momente sind, denn die Zukunft ist für die Beteiligten ungewiss.
Das kann einerseits zur Verunsicherung führen, andererseits stellen Lebensübergänge zugleich Orte „intensiver Selbst-Entwicklungs-Erfahrung“ dar.
Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Untersuchung auf Kinder in Schwierigkeiten geschaut, deren Verunsicherung durch den Übergang bereits auf eine Entwicklung trifft, die ihrerseits von Verunsicherung geprägt ist.
Die vorliegende Untersuchung ist aufgrund des Fehlens von Studien zu schwierigen Übergängen entstanden. Detaillierte biografisch angelegte Studien über diesen langen Zeitraum lassen sich bisher in der Form nicht finden. Auch weil die vorliegende Arbeit die Independenz von Elementar- und Primarbereich untersucht, leistet sie einen Beitrag zur Forschung, denn wegen der vorherrschenden Trennung der beiden Bildungsstufen sind solche Studien selten.
Aktualisiert: 2020-07-03
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