Menschenrechte digital

Menschenrechte digital von Arnd,  Pollmann, Krennerich,  Michael, Krumbein,  Frédéric, Lübbe,  Anna, Malowitz,  Karsten, Regina,  Kreide, Schaar,  Peter, Tessa,  Debus, Thiel,  Thorsten, Wagner,  Ben, Zwingel,  Susanne
Was verbirgt sich hinter dem Titel „Menschenrechte digital“? Als wir uns entschieden haben, das Thema als Schwerpunkt auszuwählen, ist uns schnell klargeworden, dass die Digitalisierung der Lebenswelt sich im Positiven wie im Negativen auf die Menschenrechte auswirkt. Es gibt viele Fragen und ein erster Befund fällt ambivalent aus: Digitalisierung bietet bspw. über Blogs, Twitter oder Facebook für unterdrückte Gesellschaften, Individuen oder Gruppen Möglichkeiten, sich zu informieren, sich über ihre (Menschen-)Rechte zu bilden, eine Meinung zu formulieren und sich auszudrücken. Das Internet schafft eine Stimme. Und nicht nur das: Über das Internet können sich Gleichgesinnte finden, versammeln und aktiv handeln, wie es der „Arabische Frühling“ gezeigt hat. Das Internet kann das Durchsetzen von Menschenrechten also unterstützen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Zugang zum freien Internet. Ist der Zugang zum Internet ein Menschenrecht? Diese Frage diskutiert Ben Wagner in seinem Beitrag. Gleichzeitig bietet das Internet jedoch für repressive Systeme vielfältige Möglichkeiten, Menschenrechte einzuschränken oder sogar zu verletzen, etwa durch Zensur. Doch auch bei demokratischen Staaten ist das Begehr nach Daten längst erwacht. Angestoßen durch das Vorgehen der Geheimdienste in den vergangenen Jahren (NSA-Affäre) haben die Vereinten Nationen eine Resolution zum Datenschutz verabschiedet. Klar ist, dass das Sammeln und Vernetzen von Daten zu einer großen Gefahr werden kann. Neben den Staaten werden auch Konzerne wie Google oder Facebook zu Akteuren, deren Handeln eine Auswirkung auf die Menschenrechte hat. Anja Mihr reflektiert in ihrem Beitrag die Idee eines Cyber-Gesellschaftsvertrages und die Frage, wie man das Verhältnis der Akteure im Internet menschenrechtlich gestalten kann. Für einen Multistakeholder-Ansatz setzt sich auch Matthias C. Kettemann ein. Er plädiert dafür, sich erst einmal die Grundfragen legitimer Ordnung vor Augen zu führen. So ist seiner Meinung nach das Recht auf Privatleben eine Vorbedingung für eine echte Teilhabe im Internet. Folgt man seiner Argumentation, liegt im Multistakeholder-Ansatz das Potential, Internetnormen zu entwickeln. Nicht zuletzt entsteht mit der digitalen auch eine Welt neben der physischen Welt, in der z.B. sog. Avatare (künstliche Personen) handeln und leben. Dies kann eine Welt sein, in der Menschenrechte einen schweren Stand haben: Sexting und Cybermobbing sind hier nur zwei Stichworte. Auch die Problematik von Hassreden im Zusammenhang mit häufig gewordenen „Shitstorms“ erlangt im Netz eine ganz spezifische Qualität. Dieser Aspekt wird in diesem Heft nicht in ausführlichen Form erörtert, im Beitrag von Thorsten Thiel aber dennoch aufgegriffen. Thiel skizziert in seinem Beitrag den Wandel von Anonymität und Anonymitätsdiskursen. Ein großer Teil der Beiträge dieser zfmr-Ausgabe beschäftigt sich damit, welche Auswirkungen die Digitalisierung der Lebenswelt auf die Verfasstheit der Menschenrechte und insbesondere auf deren Durchsetzung hat. Die Autoren plädieren mehrheitlich für den Mulitstakeholder-Ansatz, um das Internet zu zügeln, Normen zu entwickeln und Teilhabe möglich zu machen. Das Heft spiegelt auch, mit welchen Themen sich die wissenschaftliche Community derzeit beschäftigt. Andere Fragestellungen, die hier kurz angeklungen sind, bestehen freilich weiterhin. Insofern kann das Heft als ein Auftakt gelesen werden für ein Thema, das uns als Fachzeitschrift für Menschenrechte noch lange weiter beschäftigen wird.
Aktualisiert: 2020-03-29
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Menschenrechte und Gesundheit

Menschenrechte und Gesundheit von Debus,  Tessa, Kreide,  Regina, Malowitz,  Karsten, Michael,  Krennerich, Pollmann,  Arnd, Zwingel,  Susanne
Die staatlichen Pflichten, die sich aus dem Menschenrecht auf Gesundheit ergeben, werden inzwischen weit gefasst und diskutiert. Soll der Staat wirklich im Namen der Gesundheit menschenrechtlich verpflichtet sein, die Freizeit- und Lebensgewohnheiten der Menschen zu steuern? Und wenn ja, wie weit soll er dabei gehen? Oder geht es bei dem Menschenrecht auf Gesundheit nicht doch eher darum, dass der Staat nicht selbst die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt und die Menschen vor gesundheitsschädlichen Eingriffen schützt? Oder bezieht sich das Menschenrecht auf Gesundheit vor allem auf eine angemessene medizinische Versorgung, die weltweit unzähligen Menschen verwehrt bleibt? Tatsächlich ist das Menschenrecht auf Gesundheit komplex und vielschichtig – und bedarf dringend der Konkretisierung. In diesem Heft werden die völkerrechtlichen Grundlagen und die inhaltlichen Grundzüge des Menschenrechts auf Gesundheit aus juristischer, politischer und philosophischer Sicht darlegt und die daraus entstehenden staatlichen Pflichten umrissen. Die Beiträge beschäftigen sich u.a. mit der medizinischen Versorgung von Migrantinnen und Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus und mit der sozial ungleichen Verteilung von Gesundheitschancen und Erkrankungsrisiken in Deutschland sowie mit der Rechtsprechung zum Menschenrecht auf Gesundheit in Argentinien. In einem Forums-Beitrag pocht der Geschäftsführer von medico international auf öffentliche Verantwortung und skizziert – am Beispiel Südafrikas – die Bedeutung menschenrechtlichen Empowerments und der solidarischen Begleitung der Betroffenen in der Praxis. Außerdem enthält das Heft ein Interview mit dem UN-Sonderberichterstatter zum Menschenrecht auf Gesundheit, Dainius Puras.
Aktualisiert: 2020-03-29
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Menschenwürde

Menschenwürde von Debus,  Tessa, Kreide,  Regina, Krennerich,  Michael, Malowitz,  Karsten, Pollmann,  Arnd, Zwingel,  Susanne
Abstracts: Heike Baranzke: Menschenwürde zwischen Recht und Pflicht Nach den Menschenrechtsverletzungen des Zweiten Weltkriegs wurde der Menschenwürdebegriff in die Charta der Vereinten Nationen (1945) und in die Allgemeine Menschenrechtserklärung (1948) und daraufhin dann auch in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (1949) aufgenommen. Aufgrund dessen ist es in ethischen Diskussionen üblich geworden, Menschenwürde als einen Rechtsbegriff zu betrachten. In der Debatte wird meist die Tatsache vernachlässigt, dass der Begriff der Menschenwürde viel älter als der Begriff der Menschenrechte ist und dass die frühe Menschenrechtsbewegung im 18. Jahrhundert keinen Gebrauch von dem Begriff der Würde machte. Die Menschenwürdeidee, erstmals erwähnt bei Cicero, wurzelt in der stoischen Tugendethik, und diese Tatsache bildet - so die These - bis heute ihren innersten Bedeutungskern. Da in Immanuel Kants "Metaphysik der Sitten" Rechtslehre und Tugendlehre zwei systematisch aufeinander bezogene Teile seiner Moralphilosophie sind, ist sein tugendethischer Würdebegriff auch für die moralische Legitimation des Rechts relevant. So bereitet Kant die Karriere der Menschenwürde als Rechtsbegriff im 20. Jahrhundert vor. Aus dieser Perspektive fordert die Frage nach dem Verhältnis von Ethik, Moral und Recht im Begriff der Würde neue differenzierte Antworten heraus. Human dignity between rights and duties Because of the violation of human rights in World War II the concept of human dignity was enshrined in the Charta of the United Nations (1945) and in the Universal Declaration of Human Rights (1948). As a consequence, it was also incorporated into the German Basic Law in 1949. It is therefore common in ethical debates to regard human dignity exclusively as a concept of law. The debate neglects the fact that the concept of human dignity is much older than the human rights concept. Moreover, the early human rights movements in the 18th century did not refer to the concept of dignity. As it is argued in this paper, the idea of human dignity, firstly mentioned by Cicero, is rooted in Stoic virtue ethics which forms the inner ethical core of the concept of human dignity until today. Immanuel Kant’s "Metaphysics of Morals" consists in the two systematically related parts of the "doctrine of rights" and the "doctrine of virtue". Therefore his virtue ethical concept of dignity - significantly determined by his concept of autonomy - is relevant for the moral legitimatization of law, too. Thus, he prepared the career of human dignity as a rights term in the 20th century. From this perspective, the question of how ethics, morals, and law are related in the concept of dignity needs to be re-examined. Arnd Pollmann: Menschenwürde nach der Barbarei. Zu den Folgen eines gewaltsamen Umbruchs in der Geschichte der Menschenrechte Nach 1945 hat es die moderne Menschenrechtdiskussion mit einem grundlegend veränderten Begriff von Menschenwürde zu tun, der dem Umstand Rechnung trägt, dass der europäische Totalitarismus die fundamentale Verletzbarkeit und Zerbrechlichkeit menschlicher Würde bewiesen hat. Der Begriff "Würde" steht so nicht länger für eine "unverlierbare Mitgift", die der Mensch niemals einbüßen kann. Er zielt vielmehr auf ein äußerst anfälliges, jedem Menschen qua Menschsein innewohnenden "Potenzial" zu einem gelingenden Leben in Achtung und Selbstachtung, dessen notwendige soziale Bedingungen durch korrespondierende Menschenrechte geschützt werden müssen. Daraus folgt: Das menschenwürdige Leben ist das Ziel oder das "Worumwillen" heutiger Menschenrechtsvereinbarungen. Deshalb sollte die Rechtsphilosophie auch nicht den Fehler begehen, von einem kategorischen Besitz universeller Menschenrechte auf einen ebenso kategorischen „Besitz“ der Menschenwürde kurzschließen zu wollen. Vielmehr haben alle Menschen dieselben Menschenrechte, weil sie gerade nicht schon von vornherein alle auf dieselbe Weise ein Leben in Würde führen. Human dignity after barbarism: Consequences of a violent change within the history of human rights After 1945, the modern human rights discourse has been confronted with the need for a new conception of human dignity, since European totalitarianism had proven the fundamental violability and fragility of dignity. This paper argues that human dignity can no longer be seen as an "inalienable dowry" that nobody can lose. Instead, dignity is a precarious "potential" to human flourishing and to a life in respect and self-respect that needs to be protected by corresponding human rights. Therefore, dignity is the explicit reason or "purpose" behind the proclamation of human rights today: as necessary legal conditions for living a life in respect and self-respect. As a consequence, philosophy of law should not make the mistake of extrapolating from categorical human rights, held by all human beings just by being human, to a likewise categorical possession of dignity, which we cannot presuppose in the same way. Instead, it is because human beings do not have equal human dignity from the start that they all have equal human rights. Georg Lohmann: Die rechtsverbürgende Kraft der Menschenwürde. Das menschenrechtliche Würdeverständnis nach 1945 Der Aufsatz untersucht die neue Bedeutung der Rede von "Menschenwürde" um und nach 1945. So wie die Menschenrechte als Antwort auf die barbarischen Akte der Nazizeit und anderer Diktaturen neu formuliert werden, wird auch der Würdebegriff gegenüber seiner bisherigen Geschichte neu gefasst: Die allgemeine Menschenwürde, die - wie die Menschenrechte auch - individuell, egalitär, kategorisch und universell verstanden werden muss, wird so zum ersten Mal unmittelbar mit der Trägerschaft von Menschenrechten verknüpft. Inhaltliche Bestimmungen der Menschenwürde beziehen sich zunächst auf die Fähigkeiten des Menschen zu freier, überlegter Selbstbestimmung, dann auf die damit gegebenen Möglichkeiten gleicher Selbstachtung und Selbstwertschätzung sowie auf die notwendigen Existenzbedingungen menschenwürdigen Lebens. In Auseinandersetzung mit Hannah Arendts Forderung nach einem "Recht, Rechte zu haben" sowie mit Immanuel Kants Interpretation des Würdebegriffs wird die systematische Verbundenheit von Würde und Rechten als "rechtsverbürgende Kraft" der Menschenwürde interpretiert und einer dezidiert republikanischen Deutung unterzogen: Mit dem Begriff "Menschenwürde" wird eine Norm bezeichnet, die angibt, wie Menschen, und zwar in den doppelten Rollen als Adressaten und Autoren der Menschenrechte, insgesamt leben sollen. The rights-guaranteeing power of human dignity. The notion of dignity in the human rights discourse after 1945 The paper explores the new meaning of "human dignity" around and after 1945. Similarly to the re-articulation of human rights as a response to the horrible acts of the Nazi regime and other dictatorships, the notion of dignity is also reinterpreted in a way that is historically unprecedented: for the first time, human dignity - understood as individual, egalitarian, categorical and universal - is directly connected to the ability to bear human rights. Definitions of human dignity do first refer to the ability of human beings to free and rational self-determination, second, to the resulting possibilities of equal self-respect and self-esteem and third, to the necessary material conditions for a humane life. Drawing on Hannah Arendt’s claim of a "right to have rights" and on Immanuel Kant’s interpretation of the notion of dignity, the bond between dignity and rights is understood as the "rights-guaranteeing power" of human dignity. From a decidedly republican angle, the notion of "human dignity" is understood as a norm that indicates how human beings in their twofold role as recipients and authors of human rights should live. Marcus Düwell: Menschenwürde als Grundlage der Menschenrechte Es ist umstritten, was man vom Begriff der Menschenwürde in verschiedenen normativen Diskursen erwarten kann. Der vorliegende Beitrag versucht daher zunächst zu inventarisieren, welche Fragen an ein gehaltvolles Konzept von Menschenwürde gerichtet werden müssen: So wird der Zusammenhang zwischen Menschenwürde und Menschenrechten, die Frage nach dem Träger der Menschenwürde, nach dem normativen Gehalt der Menschenwürde sowie nach den institutionellen und gesellschaftstheoretischen Aspekten der Menschenwürde thematisiert. Ob ‚Menschenwürde‘ ein leerer oder gehaltvoller Begriff ist, hängt davon ab, inwiefern es gelingt, diese Fragen philosophisch verbindlich zu beantworten. Ferner geht es darum, eine Übersicht über die möglichen Interpretationen des Verhältnisses von Menschenwürde und Menschenrechten zu gewinnen. Abschließend wird in groben Zügen ein eigener konstruktiver Vorschlag skizziert, der den Kern der Menschenwürde im Schutz der Ermöglichung zu einer autonomen Lebensführung für alle handlungsfähigen Wesen sieht. Der Beitrag will im Wesentlichen die Fragen formulieren, denen sich eine Ethik der Menschenwürde stellen muss. Human dignity as the basis for human rights It is deeply contested what we can expect from a concept of human dignity. This paper first offers an inventory of questions to be addressed when developing a substantial concept of human dignity: issues to be dealt with are the relationship between human dignity and human rights, the subject of human dignity, the normative content and the institutional and social implications of human dignity. Whether human dignity is an empty vessel or rich in content depends on the possibility of answering these questions in a non-arbitrary way. The article then offers an overview of the various possibilities to conceptualize the relationship between human rights and human dignity. Finally, a constructive proposal is presented that formulates the protection of the ability to lead an autonomous life as the normative core of human dignity. In essence, the paper articulates core questions that ethics of human dignity have to answer. Martha Nussbaum: Menschenwürde und politische Ansprüche In ihrem Artikel verteidigt Martha Nussbaum eine aristotelisch-marxistische Theorie der Würde, die sie gegenüber anderen Würde-Ansätzen, vor allem aber gegenüber der stoischen Theorie der Würde verteidigt. Den griechischen und römischen Stoikern zufolge besteht die Grundlage der Gemeinschaft der Menschheit in dem Wert der Vernunft und der gleichen Achtung eines jeden Menschen - eine Ansicht, die auch Kant stark beeinflusst hat. Diese Vorstellung von Würde birgt jedoch eine Reihe von Problemen. Zum einen sind nicht-menschliche Tiere von dieser Konzeption völlig ausgeschlossen, zum anderen kann der Stoiker nicht erklären, wieso es problematisch ist, wenn eine Person gedemütigt wird oder ihr Schicksalsschläge widerfahren, denn der unveräußerliche Wert eines Menschen existiert auch dann, wenn alles in der Welt schlecht gelaufen ist. Nussbaums aristotelisch-marxistische Theorie der Würde hingegen geht von der Annahme aus, dass Würde nicht nur in Rationalität, sondern in menschlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen und deren Möglichkeit auf Entwicklung und Ausübung liegt. Das lässt Raum für eine plurale Würdevorstellungen, nicht nur der stoischen Würdetheorie überlegen ist, sondern die Pluralität vielfältiger Lebensentwürfe und Kontexte berücksichtigt, einschließlich die nicht-menschlicher Tiere. Human dignity and political claims Against a Stoic theory of human dignity, Martha Nussbaum defends an Aristotelian/Marxian account of dignity, which sees the dignity of the human being as squarely a part of the world of nature and does not posit a sharp split between rationality and other human capacities. According to the Greek and Roman Stoics, the basis for human community is the worth of reason in each and every human being as well as equal respect of all humans. But according to the author, this notion of dignity faces serious problems. Non-human beings are completely excluded and the Stoics cannot explain why it is a violation of one’s dignity if a person is humiliated, since it does not remove or damage the moral capacities. Nussbaum’s Aristotelian/Marxian approach defends that human beings have a worth that is indeed inalienable, because of their capacities for various forms of activity and striving. These capacities are, however, dependent on the world for their full development and for their conversion into actual functioning. This approach allows for a plural notion of dignity which avoids the problems of the Stoic’s position and respects different version of the good life as well as contexts of living, including those of non-human animals. Ralf Stoecker: Die Pflicht, dem Menschen seine Würde zu erhalten Obwohl der Begriff der "Menschenwürde" seit einigen Jahren auf wachsendes theoretisches Interesse bei MoralphilosophInnen stößt, hält sich hartnäckig der (erst kürzlich wieder in den USA von Ruth Macklin geäußerte) Verdacht, dass der Begriff bestenfalls redundant und schlimmstenfalls polemisch sei. In meinem Beitrag diskutiere ich eine Reihe von Gründen (teilweise aus dem Bereich der Pflegeethik und der psychiatrischen Ethik, teilweise aus der gedanklichen Reflexion besonders schwer wiegender Menschenwürdeverletzungen), die dafür sprechen, das Konzept der Menschenwürde sowohl in historischer als auch in systematischer Hinsicht eng mit der Vorstellung (kontingenter) sozialer Würde zu verknüpfen. Das Gebot, die Würde des Menschen zu achten, verlangt demnach, jeden Menschen als individuellen Träger von Würde anzuerkennen. Insofern haben wie eine Pflicht, dem Menschen seine Würde zu erhalten, und zwar nicht nur durch Unterlassen, sondern gegebenenfalls auch durch aktive Hilfe. The duty to preserve human dignity In modern philosophy, the concept of "human dignity" is often met with suspicion. For example, ethicist Ruth Macklin recently argued that there is no benefit to be gained from talking about dignity in applied ethics. In my article, I argue (partly drawing on findings in the ethics of nursery and psychiatry, partly on considerations of severe cases of violation of human dignity) that there are good reasons for employing a conception of human dignity that is tightly connected to (contingent) social dignity. Respecting human dignity, on this account, demands to value each individual’s status as bearer of dignity. Such an account is historically plausible and, in any case, philosophically attractive, since it provides a loophole between reductionist as well as eliminativist dismissals of human dignity. Hence, we have a duty to preserve the dignity of our fellow humans not only by means of omission, but if necessary also by active support. Peter Schaber: Unveräußerliche Menschenwürde Es wird üblicherweise angenommen, Menschenrechte seien unveräußerlich. Diese Annahme ist aber keineswegs selbstverständlich. Verschiedene Autoren vertreten die Meinung, es sei Rechten wesentlich, dass sie an andere Personen transferiert werden können. Dagegen wird in diesem Aufsatz für die These argumentiert, dass zumindest diejenigen Menschenrechte, die direkt auf der Würde des Menschen beruhen, unveräußerlich sind. Inalienable human dignity It is often assumed that human rights are inalienable. But this cannot be taken for granted. Some contend that it is an inherent part of the concept of rights that these rights can be transferred. It is argued in this paper that this does not apply to all rights and that those human rights which are related to the idea of human dignity are indeed inalienable. Hintergund Bernd Ladwig: Menschenrechte und Tierrechte In welchem Verhältnis steht der moralische Status nichtmenschlicher Tiere zu dem menschenrechtlichen Status, den wir uns selbst zuerkennen? Der Autor plädiert für ein interessenorientiertes Verständnis der Menschenrechte. Aus ihm folgt, dass auch erlebensfähige Tiere moralische Rechte haben. Gleiche moralisch erhebliche Interessen zählen gleich, egal, wessen Interessen es sind. Dieser Grundsatz spricht allerdings dafür, alle Rechte als abwägbar und abstufbar zu verstehen. Nur mit Hilfe sekundärer Gründe gelangen wir von ihm zu unserem menschenrechtlichen Status der Unverletzlichkeit. Die Menschenrechte könnten darum schwerer wiegen als die Rechte nichtmenschlicher Tiere. Doch schon schwache Rechte genügen, um die weitaus meisten der Praktiken, die Abermillionen von Tieren um ihr Leben und ihr Wohlergehen bringen, zu disqualifizieren. Human rights and animal rights The article discusses the relationship between the moral status of nonhuman animals and the moral status of human beings. Based on an interest-oriented conception of human rights, the author attempts to show that sentient animals have moral rights, too. An interest-oriented conception of rights requires that we should give to the morally relevant interests of each the same serious consideration. But that principle is compatible with rights only in a weak sense. In order to justify our own strong status of inviolability, we have to refer to secondary reasons. As a consequence, human rights might outweigh animal rights in cases of moral conflict. But rights in a weak sense suffice to show that most of the practices violating the life and well-being of countless animals today are morally intolerable. Doris Angst: Das Minarettverbot in der Schweiz. Eine Diskursanalyse mit Blick auf die Menschenrechte Im November 2009 nahmen Schweizerinnen und Schweizer die Volksinitiative für ein Minarettverbot mit 57,5 Prozent Ja-Stimmen an. Der Artikel untersucht die öffentliche Debatte und zeigt auf, dass es dabei um die Angst vor dem politischen Islam, aber mit der Einschränkung der Religionsausübung für eine Minderheit auch um die Einhaltung völkerrechtlicher Standards ging. The ban on minarets in Switzerland. An analysis of the public discourse in view of human rights standards In November 2009, 57.5 per cent of the Swiss voted "Yes" for the ban of minarets in their country. The article analyzes the corresponding public debate and shows that, for many, the plebiscite was a means to express their fears of a political Islam. At the same time, by limiting the religious freedom of one group, international human rights standards were at stake.
Aktualisiert: 2020-03-29
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Mehrheit am Rand?

Mehrheit am Rand? von Brabandt,  Heike, Ross,  Bettina, Zwingel,  Susanne
Prekarisierung, Verelendung und Armut sind zu den Schlagwörtern der politischen Debatte des frühen 21. Jahrhunderts geworden. Während in den 1990er Jahren über die Feminisierung von Armut im Globalen Süden diskutiert wurde, ist die Armut zwischenzeitlich in den Ländern des Globalen Nordens angekommen. Ziel des Buches ist es, diese komplexen Wandlungsprozesse in den Bereichen Arbeit, Migration und Sicherheit aus einer Geschlechterperspektive zu untersuchen und dabei nach Möglichkeiten der politischen Teilhabe zu fragen.
Aktualisiert: 2023-03-15
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Menschenrechte und Revolution

Menschenrechte und Revolution von Arnd,  Pollmann, Krennerich,  Michael, Malowitz,  Karsten, Regina,  Kreide, Tessa,  Debus, Zwingel,  Susanne
Der Zusammenhang zwischen „Menschenrechten und Revolutionen“ steht auf der politischen Tagesordnung: In jüngster Zeit wurden wir Zeugen von Massenprotesten, Aufständen, Rebellionen und Revolutionen in der Ukraine, in Tunesien, Ägypten, Libyen oder Syrien, in denen der Bezug auf Menschenrechte mitunter eine zentrale, manchmal eine eher nebensächliche und – erstaunlich genug – gelegentlich auch gar keine Rolle spielte. In diesem Heft analysieren renommierte Autorinnen und Autoren verschiedenste menschenrechtliche Aspekte im Zusammenhang mit jüngeren und länger zurückliegenden Revolutionen.
Aktualisiert: 2020-03-29
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Menschenrechte und Strafe

Menschenrechte und Strafe von Debus,  Tessa, Kreide,  Regina, Krennerich,  Michael, Malowitz,  Karsten, Pollmann,  Arnd, Zwingel,  Susanne
Menschenrechte und Strafe Thomas Hoffmann: Die Moral der Strafe und die Grenzen staatlicher Bestrafung Daniel Loik: Strafe muss nicht sein. Zur Kritik des Strafrechts auf nationaler und internationaler Ebene Anna Goppel: Zuständigkeit und Souveränität: Zwei Herausforderungen für die internationale Strafverfolgung Sangmin Bae: Power, Self-Sufficiency, and Democratic Stability: When Advanced Democracies Violate International Human Rights Norms Christine A. James: Prisons for Profit in the United States: Retribution and Means vs. Ends Hintergrund Simon Osladil: Das Recht auf Wahrheit im internationalen Recht Miriam Wildenauer: Sozio-ökonomische Grundrechte und politische Partizipationsrechte in Hegels Rechtsphilosophie. Ein Beitrag zu Hegels Philosophie der Menschenrechte Forum Die UN-Konvention gegen das gewaltsame Verschwindenlassen von Personen - ein wichtiger Beitrag zu einer Kultur der Menschenrechte. Ein Gespräch mit Rainer Huhle Tour d’Horizon Susanne Zwingel: Internationale Frauenrechte - ein gutes Instrument zur Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit? Buchbesprechungen
Aktualisiert: 2016-04-11
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Menschenrechte als Maßstab internationaler Politik

Menschenrechte als Maßstab internationaler Politik von Debus,  Tessa, Kreide,  Regina, Krennerich,  Michael, Malowitz,  Karsten, Pollmann,  Arnd, Zwingel,  Susanne
Menschenrechte als Maßstab internationaler Politik Manfred Nowak, Moritz Birk, Jörg Stippel: Das absolute Folterverbot aus extraterritorialer Perspektive Fons Coomans: Die Verortung der Maastrichter Prinzipien zu den extraterritorialen Staatenpflichten im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Rolf Künnemann: Verletzung extraterritorialer Staatenpflichten: Fallbeispiele und Erfahrungen aus der Zivilgesellschaft Andrea Kämpf, Inga Winkler: Zwischen Menschenrechtsförderung und Duldung von Menschenrechtsverletzungen? Anforderungen an die Entwicklungszusammenarbeit aus der Perspektive der extraterritorialen Staatenpflichten Michael Windfuhr: Wirtschaft und Menschenrechte als Anwendungsfall extraterritorialer Staatenpflichten Markus Krajewski: Menschenrechte und internationales Investitionsrecht Hintergrund Christoph Lindner: Schutz vor Menschenhandel als Menschenrecht Peter G. Kirchschläger: Die neue UN-Deklaration zu Menschenrechtsbildung und -training Tour d’Horizon Michael Krennerich: Soziale Menschenrechte - von der zögerlichen Anerkennung bis zur extraterritorialen Geltung Dokumentation Die Maastrichter Prinzipien zu den extraterritorialen Staatenpflichten im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Buchbesprechungen
Aktualisiert: 2023-04-17
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Menschenrechte und Lateinamerika

Menschenrechte und Lateinamerika von Debus,  Tessa, Kreide,  Regina, Krennerich,  Michael, Malowitz,  Karsten, Pollmann,  Arnd, Zwingel,  Susanne
Sonia Cardenas: Forking Paths and Social Complexity: Rethinking Human Rights Progress in Latin America Helen Ahrens: Die Zukunft als Herausforderung des Rechts – Gedanken zur (Menschen-)Rechtspolitik in Lateinamerika Rachel Sieder, María Teresa Sierra: Indigenous Women’s Access to Justice in Latin America Sérgio Costa, Guilherme Leite Gonçalves: Human Rights as Collective Entitlement? Afro-Descendants in Latin America and the Caribbean Nina Schneider: Brasilianische Wahrheitskommission nach zahlreichen Kompromissen endlich ratifiziert Gewalt, Gedenken und Gerechtigkeit - Ein Gespräch mit dem peruanischen Philosophen Salomón Lerner Febres Pablo de Greiff: Some Thoughts on the Development and Present State of Transitional Justice Veronika Haász: Die Nationalen Menschenrechtsinstitutionen als Grundsteine starker innerstaatlicher Rechtsschutzsysteme Armin Paasch: Die Rolle der Menschenrechte in der EU-Handelspolitik – Eine kritische Bestandsaufnahme Inga Winkler: Die Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten – Fortschritt oder Rückschritt im Bereich der menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen? Lehren aus der Hungersnot in Afrika – und die Bedeutung der Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit Interview mit dem Bundesminister Dirk Niebel Hollman Morris: Lateinamerika: „Ein Volk ohne Beine, das läuft“ Rede anlässlich der Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises 2011
Aktualisiert: 2020-03-29
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Menschenrechte in der Klimakrise

Menschenrechte in der Klimakrise von Debus,  Tessa, Kreide,  Regina, Krennerich,  Michael, Malowitz,  Karsten, Pollmann,  Arnd, Zwingel,  Susanne
Menschenrechte in der Klimakrise 1. Clemens Müller und Kristine Franzen: Der Klimawandel und das Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen 2. Petra Bendel und Marianne Haase: Klimawandel und Umweltflüchtlinge 3. Margit Ammer: Umweltbedingte Binnenvertreibungen. Ist Europa verpflichtet zu helfen? 4. Felix Ekardt und Anna Hyla: Menschenrechte, Welthandel und das Recht auf Nahrung 5. Theodor Rathgeber: Klimawandel und indigene Rechte 6. Richard Hiskes: Environmental rights as emerging rights 7. The Practical Approach to human rights – Human rights as normative practice. 8. Zum 30. Geburtstag der CEDAW Konvention und ihres Überwachungsausschusses zieht Jane Connors Bilanz 9. Das Recht auf Wasser
Aktualisiert: 2016-05-03
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Mehrheit am Rand?

Mehrheit am Rand? von Brabandt,  Heike, Ross,  Bettina, Zwingel,  Susanne
Prekarisierung, Verelendung und Armut sind zu den Schlagwörtern der politischen Debatte des frühen 21. Jahrhunderts geworden. Während in den 1990er Jahren über die Feminisierung von Armut im Globalen Süden diskutiert wurde, ist die Armut zwischenzeitlich in den Ländern des Globalen Nordens angekommen. Ziel des Buches ist es, diese komplexen Wandlungsprozesse in den Bereichen Arbeit, Migration und Sicherheit aus einer Geschlechterperspektive zu untersuchen und dabei nach Möglichkeiten der politischen Teilhabe zu fragen.
Aktualisiert: 2023-04-12
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