Anarchie – ein Leitbild für die Informatik
Von den Grundlagen der Beherrschbarkeit zur selbstbestimmten Systementwicklung
Ralf Klischewski
Informatiker in der Praxis sollen wissenschaftliche Methoden und Technologien im letztlich nicht beherrschbaren sozialen Kontext erfolgreich anwenden. Fruchtbare, zielführende Selbstorganisation und unproduktives Chaos sind dabei unverzichtbare bzw. unvermeidbare soziale Bedingungen der Systementwicklung und -nutzung, ohne daß diese bisher in der Theorie der Informatik berücksichtigt wurden. Der Begriff Anarchie – gedacht als ein herrschaftsfreier sozialer Raum mit allen Chancen und Risiken – ermöglicht als Gegenpol zu den an maschineller Beherrschbarkeit orientierten Grundlagen der Informatik eine praxisangemessene Theoriebildung zur Informationstechnikgestaltung: Diskurs versus Algorithmus, akteursorientierte Systembildung und Methodenanwendung jenseits der Beherrschbarkeit werden als innovative Sichtweisen entwickelt und beispielhaft auf die Softwarequalitätssicherung angewandt.