Auf dem Wege zur mutterlosen Gesellschaft
Burghard Behncke
In den letzten Jahren hat die externe Betreuung von Kleinkindern, insbesondere mittels Kinderkrippen, stark zugenommen. Gründe sind vorwiegend wirtschaftlich bedingt: neben Vätern sollen auch Mütter möglichst früh und umfassend ins Erwerbsleben eingegliedert werden. Auf sie lastet ein entsprechender Druck, während zeitlich intensives mütterliches Engagement, selbst mit ihren Kindern unter drei Jahren, nur zu leicht abgewertet wird. Die Interessen der Kinder und entwicklungspsychologische Erkenntnisse bleiben dabei unberücksichtigt. Eltern werden mittels der aktuellen Familienpolitik beruhigt: Krippenerziehung fördere ihre Entwicklung oft mehr als eine Familie dies vermag. Jedoch werden hier zahlreiche wissenschaftliche Studien zur institutionellen Früherziehung angeführt, die auf erhebliche psychische und körperliche Risiken der Krippenerziehung hinweisen.
Schon seit langem ist bekannt, dass nicht wenige Kinder unter reduzierten Kontakten zum Vater bis hin zur Vaterlosigkeit leiden. Nun erleben sie vermehrt sogar schon im zweiten und dritten Lebensjahr auch die häufige Abwesenheit ihrer Mutter. Zusammengenommen wird das – noch kaum reflektierte – Folgen für Familien und die Gesellschaft haben. Ein Umdenken ist notwendig, verbunden mit einer Hinterfragung von einseitig materiell orientierten Werten. Alternative pädagogische Modelle sowie ein Erziehungsgehalt könnten Verbesserungen bewirken.
Burghard Behncke, geb. in Hamburg, Diplom-Pädagoge, ehemaliger Dozent für Psychologie und Pädagogik an Fachschule für Sozialpädagogik und Studiendirektor i.K., langjähriger Leiter einer sozialpädagogischen Bildungseinrichtung, nun freier Schriftsteller in Berlin. Veröffentlichung zahlreicher Artikel und zweier Bücher, vorwiegend aus den Bereichen Pädagogik, Psychologie, Didaktik und gesellschaftskritischer Themen. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Entwicklung des Kindes in der Familie und der außerfamiliären Betreuung.