Brummlg’schichten – CDs
Der Doppelgänger /Porzellanfieber
Kurt Wilhelm
Kurt Wilhelm erinnert sich:
FOLGE 10: ‚DER DOPPELGÄNGER‘ schrieb Olf Fischer als Weihnachts-‚Sonderausgabe‘ 1948. Darin malt die Zenzi ein abstraktes Familienbild, und Brumml will seiner Frau durch Tauschgeschäfte einen neuen Pelzmantel schenken. So stand es im Skript, so haben wir’s auch geprobt und aufgenommen. Nur ist da später was passiert. Als der ‚Doppelgänger‘ wiederholt wurde, war’s grad nicht Weihnachten, sondern mitten im Sommer, und jemand ganz Eifriger, ich weiß nicht wer, hat fast alles herausgeschnitten, was auf das Fest der Liebe Bezug hatte. Er hat die Geschichte weihnachtsfrei gemacht, und auch die Ausschnitte nicht separat aufgehoben, sondern weggeschmissen, weshalb die Urfassung nicht rekonstruierbar ist. Das ist schade, aber keine Katastrophe, es ist noch genug Gaudi drin. Zu wissen, dass eigentlich Weihnachten 1948 ist, bloß niemand darüber reden darf, genügt zum vollen Verständnis.
Im Ensemble war der prächtige Volksschauspieler Wastl Witt als schimpfender Wirt des anrüchigen Schieberlokals ‚Café Mimosa‘ und die damals erfolgreiche Schauspielerin Elfie Pertramer absolvierte ihre erste Funkrolle. Rudi Vogel hatte unter ihrer Spielfreude zu leiden. Als sie ihm in der Rolle einen Backenstreich geben musste, haute sie ihn derart aufs Ohr, dass er tagelang schlecht hörte, was er meisterlich kommentierte. Sie war eben von Anbeginn ein wuides G’wachs, ein unberechenbares Naturereignis.
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JOSINDERS – Musikalisch gab’s wieder was Neues. Nach dem Männer-Gesangstrio hatte ich die Gründung eines Damenquartetts forciert. Annette von Aretin, Gundula Fuchsberger, Ilse Fitz und Josefine Wendland hatten mona-telang Arrangements geprobt, Stimmausbildung genossen, das Preisausschreiben einer Rundfunkzeitschrift bescherte ihnen den Namen ‚Josinders‘. Nun waren sie bereit zu einem Probestart. So sang diesmal eine Boy- und Girl-Gruppe, die neuen Isarspatzen und die Josinders getrennt und gemein-sam ironische Texte von Olf Fischer über das problema-tische Verhältnis Mann/Frau. Zur Musik von Werner Bochmann und Fred Sporer. Der Start gelang.
DAS THEATERSTÜCK ‚HYPNOSE‘ hatten Olf und ich im Juni 1948 fertig. Würde das Brummlquartett 4 Monate nach der Währungsreform Leute ins Theater locken? Ich begann Ende September mit den Proben. Mein Regieassistent war Rainer Wolffhard, später ein erfolgreicher Regisseur von Fernsehserien (Löwengrube). Mit der Musik von Werner Bochmann traten die Isarspatzen als antiker Chor kommentierend auf, und damit man das Antike merkt, trugen sie jeder eine Toga über der Lederhose, und sangen „Mir san der Chor – was hamma vor – „.
Statt Tanzorchester gabs im Theater die damals noch üblichen zwei Klaviere mit Walter Popper, und dem Hauskomponisten des Volkstheaters, Ludwig Kusche. Wir lernten uns damals kennen und haben in den kommenden 20 Jahren gemeinsam 100 Sendungen ‚Musikaleum‘ im Hörfunk und 28 im Fernsehen gemacht.
Es waren volle Brummlwochen! Vierzehn Tage lang jeden Tag vormittags das Brummlstück im Theater und abends den Funk-Brumml Nummer 9 probieren. Kaum war der aufgenommen, hieß es Nummer 10 vorbereiten und überarbeiten, während das Stück im Theater lief. Es wurde ein, für alle Beteiligten und dem Theater wohltuender, Kassenerfolg.
Seit Januar 1948 hatte ich am ‚Brumml-Buch‘ geschrieben. Zwei Geschichten in Prosa, eine als Dialog. Sie waren schon fast historisch, seit das Geld wieder was Wert war und der Tauschhandel versiegte. Von der zahlreichen Verlagen, die noch zu Jahresbeginn interessiert waren, war nur der tapfere Heinich-Buchner-Verlag übrig. Frau Buchner wagte es, verlor aber den Kampf gegen den Papier- und Druckereienmangel. Das Buch war erst wenige Tage vor Weihnachten fertig, fiel damit als Geschenk zum Fest aus und verstaubte fortan in Lagerregalen als Opfer der Währungsreform.
DAS JAHR 1949 begann mit einer Brummlkrise. Schuld war vermutlich der übliche Serieneffekt. Wird ein Darsteller durch eine Rolle besonders populär, muss er fürchten, künftig nur die und keine anderen Aufgaben mehr zu bekommen. Es war zu verstehen. Festgelegt zu sein auf Wurmdobler und Zenzi war nicht das Berufsziel der Kollegen. 1948 hatte es vier Hörfunkbrummls gegeben und 43 Vorstellung des Brumml-Theaterstücks ‚Hypnose‘. Das überstieg das Übliche.
Die Gallauner schloß drum ein Zwei-Monats-Engagement fern von München ab, und erklärte, die Zenzi nicht weiter spielen zu wollen. Alle redeten ihr zu, nicht ganz auszusteigen, sondern nur mal für eine Folge, versprachen ihr, auch mal mit einem Kurzauftritt zufrieden zu sein, und jede neue Folge mit einem neuen lustigen Spleen voll Pointen für sie auszustatten. Wir trennten uns zunächst mit einem halben Kompromiss.
Inzwischen war unser Publikum ungeduldig geworden, weil die letzte Folge schon 5 Monate zurück lag. Wir mußten eine neue senden, und wir fanden ein Thema:
FOLGE 11: ‚PORZELLANFIEBER‘ – (22.4.1949) – konnte ohne Zenzi auskommen. Es war ein umgearbeitetes Theaterstück von Martin Lankes, einem sympathischen und einfallsreichen Volksschriftsteller, der reizende Sketche, Kurzgeschichten und Theaterstücke schrieb. Sein Brot verdiente er als Finanzbeamter, sein Herz gehörte der bayrischen Literatur. (Er wurde übrigens 97 Jahre alt). In seinem turbulenten ‚Porzellanfieber‘ ist die Zenzi abwesend. Sie weilt zu einer Naturheilkur in Aichach. Die spaßigste Frauenrolle, eine unbegabte Antiquitätenhändlerin, bekam die bewährte, versierte Rundfunksprecherin Irene Kohl. Dazu als schwerhöriger Tandler unser bewährter Heinrich Hauser, der in fast jeder Brummlfolge dabei war. Zum ersten Mal im Funk trat auch der Hausmitbewohner Blumberger, gewesener Psychologe, Astrologe, Heldendarsteller und geistiger Führer der Zenzi auf. Anton Reimer hatte diese spaßige Rolle bisher nur als Theaterbrumml gespielt.
Musikalisch wird das damals neue Lied, der Ohrwurm ‚Mariandl-andl-andl‘ als „Xaver Brumml-Brumml-Brumml“ schön giftig von Rolf Wilhelm parodiert.