Das Fremdenzimmer
Monologe
Johannes Muggenthaler
»Heute gibt es kaum noch Fremdenzimmer, heute heißt es Gästezimmer oder einfach nur Zimmer. Es heißt Zimmer frei oder kein Zimmer frei, Zimmer belegt. Ein Zimmer steht zur Vermietung für die Ferien, ein Ferienzimmer. Aber eigentlich hat Fremdenzimmer am besten gepaßt, denn in einem solchen Zimmer bleibt man immer ein Fremder.«
Und nicht nur dort: Die Protagonisten in Muggenthalers Erzählungen sind allesamt Fremde in der Welt, durch haarfeine Ränder von ihr geschieden. Ob es der Erschrecker in der Geisterbahn ist, die Wurstverkäuferin hinter ihrer Theke, der Taxifahrer oder der Geiger eines berühmten Orchesters, alle sehen auf die Wirklichkeit als etwas Fremdes, das nicht mit ihrem magisch-romantischen Weltbild in Einklang kommen will. Sie sind Träumer, die von der Welt verlangen, nach ihrer Traumlogik zu funktionieren. Und tatsächlich tut die Welt ihnen den Gefallen zumeist – aber wer könnte diesen Träumern und reinen Toren auch etwas abschlagen? Insgesamt bilden die Erzählungen ein Mosaik von Randexistenzen, die in die Mitte rücken, von Verlierern, die Helden werden, wenigstens für einen Tag. Wäre die Welt so,wie Muggenthaler sie beschreibt, wäre sie vollkommen dann aber brauchte man keine Bücher mehr, die von der Sehnsucht nach dieser Vollkommenheit handeln.
»Völlig unbelastet von Traditionen, Vorurteilen, Meinungen ist Muggenthaler einfach nur denen ergeben, von denen er erzählt. Er ist kein Satiriker, der reflektiert, was lustig wirken soll. Er ist ein Komiker, dessen Geheimnis es ist, über das zu schreiben, was ihn selbst zum Lachen bringt.«
Uta Beiküfner, Berliner Zeitung