Das Martyrium des Polykarp
Gerd Buschmann
Am Übergang vom Urchristentum zur Alten Kirche läutet das Martyrium Polykarps die neue literarische Gattung des Märtyrerberichts ein, die fortan vielfältig beerbt wird. In innerkirchlicher Absicht betont das Martyrium Polykarps die Parallele zwischen dem Leiden des Herrn und dem des Märtyrers, um einer enthusiastischen Martyriumssehnsucht zu wehren und eine angemessene Märtyrerverehrung einzuüben. Diese erste umfassende Kommentierung des frühesten uns erhaltenen selbständigen frühchristlichen Märtyrerberichts arbeitet insbesondere die kerygmatisch-erbauliche und innerkirchlich-polemische Intention des Schreibens heraus. Dazu wird neben der Form des Schreibens unter anderem auch seine theologische Intention deutlich gemacht. Formal ist das Martyrium Polykarps nicht einfach als ein »Protokoll« des Geschehens angelegt, inhaltlich wird Polykarps Verhalten als evangeliumsgemäß dargestellt, in Kontrast zu enthusiastischem Martyriumsdrang. Zugleich setzt mit dieser Schrift in der Alten Kirche die liturgisch gefeierte Märtyrerverehrung ein, aber noch als bescheiden-angemessener, Christus-zentrierter Märtyrerkult. Der Kommentar bietet außerdem eine synoptische Ausgabe der griechischen Handschriften des Martyriums Polykarps und der Textwiedergabe in Eusebs Kirchengeschichte, literar- und formkritische Analysen mit Paralleltexten sowie Exkurse zur Entstehung des Begriffs »Märtyrer«, zum Verhördialog und zum eucharistischen Märtyrergedächtnisgebet.