Das Totenschiff – die Tragödien der Rohingya
Eine historische Collage
Hans-Bernd Zöllner
Spätestens seit der im August 2017 einsetzenden Massenflucht von bis zu 700.000 Muslimen aus dem Westen Myanmars in das benachbarte Bangladesch gibt es einen erbitterten Streit über die Ursachen und die Bewertung der Fluchtbewegung. Aktivisten und auch Vertreter der Vereinten Nationen sprechen von Gewaltexzessen der Sicherheitskräfte Myanmars, von ethnischen Säuberungen und einem von langer Hand vorbereiteten Völkermord. Die Regierung des Landes unter Führung der Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi weist die Vorwürfe zurück und hält die Mehrheit der Geflüchteten für Nachkommen illegaler Immigranten, die sich nicht an die Gesetze des Landes halten würden.
Das Schicksal der Betroffenen ist zweifellos eine Tragödie, die im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass die Menschen, die bei uns unter dem Namen Rohingya bekannt sind, staatenlos sind. Mithilfe der Metapher vom „Totenschiff“ versucht das Buch, Stationen nachzuzeichnen, die zu der jetzt offenkundig gewordenen Tragödie geführt haben. Der Titel ist dem Roman von B. Traven aus dem Jahr 1926 entlehnt, in dem die Schicksale von staatenlosen Seeleuten nach dem Ersten Weltkrieg in einer Weise geschildert werden, die eine dunkle und oft verdrängte Seite der globalen Moderne ans Licht holt.
Das Buch stellt am Beispiel von fünf historischen Knotenpunkten dar, wie der Antagonismus in der Debatten um die Rohingya entstehen konnte. Ein Schwerpunkt ist dabei die Berichterstattung zu verschiedenen Zeiten über die Konflikte zwischen Muslimen und Buddhisten im heutigen Myanmar. Das Buch bietet keine Lösung an, wie das zentrale Problem der Staatenlosigkeit zu lösen ist. Es versucht, einen Beitrag zu einer „informierten Betroffenheit“ angesichts des Schicksals der Rohingya zu leisten.