Denkmalsturz?
Brandts Kniefall
Thomas Brechenmacher, Michael Wolffsohn
DENKMALSTURZ!“ rufen sicher die einen, die anderen: „Tabubruch!“ Die Suche und Darstellung von Tatsachen ein „Denkmalsturz“ oder „Tabubruch“?
Uns interessieren die Fakten. Faktisches, nicht Taktisches leitet unsere Forschungen und Veröffentlichungen. Wir schielen nicht ängstlich auf die ewig Besorgten. Ja, ein Denkmal wird gestürzt: Willy Brandts Kniefall. Nein, das Denkmal wird nicht gestürzt. Es wird noch höher positioniert. Wie das? Man lese.
Wie kam es zum Kniefall? Wollte Bundeskanzler Willy Brandt die 1969/70 über seine Ost-, Nahost- und Geschichtspolitik besorgte, verärgerte, empörte „Jüdische Welt“ in Israel und der Diaspora besänftigen?
Hat Brandt, wie sein Intimus Bahr, zwei heldenhafte Warschauer Widerstandsaktionen gegen Nazi-Deutschland miteinander verwechselt: den jüdischen Aufstand im Ghetto (1943) mit dem nationalpolnischen 1944? Wusste Willy Brandt, dass er damit seine Ostpolitik gefährdete und Polens Kommunisten ebenso wie Nationalisten provozierte? Wie reagierten „die“ Juden, Amerikaner, Briten, Franzosen, „die“ Welt auf Brandts noble Geste?
„Die“ Welt reagierte auf diesen Kniefall kaum. Weshalb? Warum verschwiegen Politik und Medien Polens, der Sowjetunion und aller kommunistischen Staaten den Kanzler-Kniefall? Hatte Brandt die „falschen“ Opfer geehrt? Brandts Kniefall – ein internationales Nicht-Ereignis? Ist Brandts Kniefall als „Deutscher Erinnerungsort“ mehr ein Ort der historischen Erinnerung und der Symbolik-Politik als der zeitgenössischen Wahrnehmung?
Egon Bahr am 5.11.2004: Der „Kniefall hat deutsche Schuld bezeugt. Aber kein Volk kann dauernd kniend leben“.