Der Autor-Künstler
Ein europäischer Gründungsmythos vom schöpferischen Individuum
Michael Wetzel
Trotz der demonstrativen Verkündung seines »Todes« oder seiner Reduzierung auf eine bloße »Funktion« des Textes hört der Autor nicht auf, die Debatten der Literatur- und Kulturwissenschaften zu beherrschen. Plagiatsaffären und die immer dominanter werdende Tendenz einer Ersetzung seiner Werkherrschaft des »copyrights« durch die Idee von »open sources« schwächen seine Machtposition, die er als europäischer Gründungsmythos vom schöpferischen Individuum gewonnen hat. Entstanden in der Renaissance aus der Verbindung der Vorstellung einer Autorisierung durch den Autor als Urheber mit der Idee vom Künstler als Verkörperung eines kreativen Erfindergeistes, entfaltet sich dieser Gründungsmythos über die Jahrhunderte in einer wechselseitigen Orientierung von Autorschaft und Künstlertum – bis hin zu den neuen Inszenierungsstrategien von Kreativität in den analogen und digitalen Medien.
Since the debate on the “Death of the Author” or its “Functionalisation” the iconic position of the author is in danger. Numerous “returns” try to defend its status against scandals of plagiarism and new tendencies of open-source-editing, a powerful status founded as an European fundamental myth of the creative individual during the renaissance, linking the two ideas of the author as authority and of the artist as embodiment of inventive creativity. This myth develops itself during the centuries as a mutual orientation of authorship and artistry – up to the new strategies of production of creativity in analogous and digital media.