Der lange Atem
Roman
Nina Jaeckle
„Der lange Atem“ spielt eineinhalb Jahre nach der verheerenden Fukushima-Tsunami-Katastrophe in einer der betroffenen japanischen Provinzen. Ein Inspektor, früher zuständig fürs Zeichnen von Phantombildern gesuchter Krimineller, ist nach dem Tsunami mit seiner Frau in deren zerstörtes Heimatstädtchen zurückgekehrt.
Er verfertigt anhand von Fotos der entstellten Gesichter der Tsunamiopfer möglichst präzise Phantomzeichnungen, damit den Hinterbliebenen die Identifizierung ihrer Angehörigen zumutbar wird. Der Zeichner stellt sich dieser Herausforderung von ganzem Herzen, mit all seinem Talent – getragen von der Hoffnung, dabei mitzuhelfen, die Welt der Hinterbliebenen wieder zurechtzurücken, wieder hinreichend „in Ordnung“ zu bringen.
Mit dem „Zurückzeichnen“ der entstellten Gesichter, mit dem „Wegzeichnen“ der Wunden macht Nina Jäckle erahnbar, erfahrbar, was die Überlebenden auch heute noch zu bewältigen haben – und wie es ist, mit der atomaren Bedrohung, der radioaktiven Verseuchung, mit Angst und Einsamkeit „fertig“ zu werden. Wie es ist, in einer geisterhaften Ebene zurückzubleiben, in der alles, was bislang das Leben war, auf einen Schlag nicht mehr ist.