Die Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern Gemeinde Gamprin, Fürstentum Liechtenstein
Band 4: Ofenkeramik, Glas- und Metallfunde vom 8. bis 20. Jahrhundert. Band 5: Anhang, Katalog Tafeln.
Sarah Leib
Das zweibändige Werk ergänzt die im Jahr 2016 erschienenen Bände 1 bis 3. Während diese sich den Baubefunden unter der heutigen Pfarrkirche und den urgeschichtlichen und römischen Funden sowie der mittelalterlichen und neuzeitlichen Geschirrkeramik widmeten, werden in den beiden neuen Bänden die Ofenkeramik und die Kleinfunden aus Metall und Glas vorgestellt. Allein die rund 16‘000 Ofenkeramikfragmente spannen einen zeitlichen Bogen von über 800 Jahren. Die ältesten Stücke zählen zu den frühesten Nachweisen von Kachelöfen in unserer Region. Unter den figural verzierten Ofenkacheln aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit finden sich die bislang einzigartigen Darstellungen der antiken Liebestragödie von Pyramus und Thisbe.
Die nächst grössere Fundgruppe ist jene der Gläser mit 2153 Fragmenten. Eine möglicherweise aus dem Nahen Osten stammende Mosaikaugenperle aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts ist in unserer Region eine Rarität. Bei den Glasgefässen sind besonders die importierten Kelchgläser, sogenannte Löwenkopf-, Flügel- oder Schlangengläser, hervorzuheben. Die filigranen Applikationen in Form kleiner gemusterter Flügel oder geschwungener Schlangenköpfe geben ihnen den Namen. Sie wurden im 16. Jahrhundert zunächst nur in den Glashütten von Venedig produziert. Schon bald aber stellte man sie in grossen vorindustriellen Betrieben in Österreich, Deutschland oder in den Niederlanden her.
Während die Glasfunde als Teil einer wertvollen Tafelausstattung einen sehr gehobenen Lebensstandard wiederspiegeln, geben die 709 Metallobjekte einen Einblick in die Alltagskultur des späten Mittelalters und der Neuzeit. Als Bestandteile der Kleidung, wie Gürtelschnallen oder Miederhaken, vermitteln sie ein Bild der zeitgenössischen Mode. Sie zeigen, welche Werkzeuge oder Bewaffnung verwendet wurden. Sie geben Auskunft über die Schmuck- und Wohnausstattung. Zahlreiche Wallfahrtandenken, von Kirchgängern verloren oder den Verstorbenen mit ins Grab gegeben, stammen aus weiten Teilen Europas. Mit den Rosenkränzen sind sie Ausdruck der persönlichen Frömmigkeit und belegen die beliebten Pilgerziele.
Die vorgestellten Funde lassen Rückschlüsse zu über die weitreichenden Handelsbeziehungen und regionalen Werkstattkreise oder über den sozialen Wohlstand einzelner Bewohner. Sie lassen ein lebendiges Bild über die Lebensweise, das Brauchtum, den Glauben und über die Wirtschaftskraft der Menschen vom Kirchhügel von Bendern entstehen.