Die Diskussion über die Universalität des Französischen
an der Berliner Akademie der Wissenschaften. Zum Geltungsanspruch des Deutschen und Französischen im 18. Jahrhundert
Jürgen Storost
Die Preisfrage der Berliner Akademie der Wissenschaften von 1782 nach Gründen und Perspektive der Universalität des Französischen stellte den Kulminationspunkt der Meinungsbildung um das Problem dar, wobei sich mehrere Entwicklungsstränge kreuzten: die teilweise frankophobe Einstellung der deutschen Aufklärung, die Schrift Friedrichs II. De la litt©rature allemande von 1780 mit der Prognose für eine künftige Vormachtstellung des Deutschen, Friedrichs II. Enttäuschung über die französische Spätaufklärung, die akute Diskussion des Themas in der Akademie der Wissenschaften seit 1778. Nach einigen retardierenden Momenten strebte die Akademie ein Meinungskonzept auf breiter Basis an. Von den eingereichten Antworten krönte sie zwei Arbeiten, die des Franzosen Rivarol und jene des Deutschen Schwab. Die übrigen und ungekrönten Zuschriften wurden anonym im Archiv der Akademie deponiert, einige von ihren Verfassern auch zurückerbeten. Mit ihnen hat sich der Romanist und Wissenschaftshistoriker Dr. habil. JÜRGEN STOROST beschäftigt, wobei es ihm gelang, die Anonymität der Beiträger aufzuheben und die Texte unter Berücksichtigung ihrer Lesbarkeit zu publizieren. Sie enthalten manche klugen Ideen, unterliegen aber auch infolge der Logik des Themas einer pari-passu-Konzeption. Storost beschreibt die Vorgeschichte der speziellen Preisfrage, die Antworten, deren Verfasser sowie durch die Preisfrage veranlasste Nachklänge. Mit Friedrichs II. Ableben im August 1786 war infolge der Diskussionen die Zeit reif für einen Bruch der vorherrschenden tradierten Sprachparadigmen. Unmittelbar wurde die Repräsentanz der deutschen Aufklärung, mithin der deutschen Sprache, in der Akademie gestärkt; die deutsche Sprache wurde als Verhandlungssprache (mit einigen retardierenden Momenten im Zuge der französischen Revolution von 1789) eingeführt. Befreiungskriege und Romantik trugen schliesslich zur dauerhaften Festigung des Deutschen bei.