Die Logotherapie und Existenzanalyse Viktor Frankls
Systematisch und kritisch
Hedwig Raskob
Viktor Frankl und die Logotherapie sind mittlerweile weltweit bekannt. Mit seinem Leben und Werk hat Frankl fast das ganze zwanzigste Jahrhundert (1905–1997) begleitet – und eine deutliche Spur hinterlassen. Die Logothe- pie und Existenzanalyse, wie sein Werk mit dem vollen Namen heißt, ist im Wesentlichen ein medizinisch-psychotherapeutisches System, allerdings mit einem umfassend dargelegten philosophischen Menschen- und Weltbild. Die menschliche Sinnfrage ist das Markenzeichen der Logotherapie und der Wille zum Sinn das unterscheidend Menschliche. Frankls ganzes Streben geht dahin, aufzuzeigen oder zu beschwören, dass das Leben als solches und das des Einzelnen grundsätzlich sinnträchtig ist und bleibt – auch angesichts der tragischen Trias, wie er sie nennt, von Schicksal, Schuld und Tod. Die B- schaft der Logotherapie ist der Glaube an einen unbedingten Sinn. Damit kommt eine letztgültige, transzendental-religiöse Dimension in den Blick. Die Logotherapie ist auf alle Fälle anthropologisch ganzheitlich konzipiert in dem Sinne, dass den wesentlichen Dimensionen des Menschseins, also der leib-seelisch-geistigen Ganzheit, Rechnung getragen wird. Frankls besonderes Augenmerk und spezifischer Beitrag zu den Heilungsdisziplinen liegt all- dings auf der geistig-existentiellen Realität. Die Medizin allgemein hat sich naturgemäß immer mit dem Leiblichen, der Physis bzw. dem Soma befasst. Sie hat mehr und mehr gelernt, sich mit dem Seelischen, der Psyche zu befassen, auch mit Psyche und Physis im Zusammenspiel miteinander: in der Psyc- somatik.