Die Siebzigerjahre. Zeit der Ernüchterung
Sonja Kinzler, Doris Tillmann
Wer in die Geschichte der Siebzigerjahre zurückschaut, wird feststellen, dass viele gesellschaftliche und wirtschaftliche Trends, die uns noch 50 Jahre später beschäftigen, damals ihren Anfang nahmen; viele Fragen und Probleme sind noch immer hochaktuell.
Die Fortschritts- und Reformbegeisterung, mit der man nach »’68« in das Jahrzehnt gestartet war, wich schon nach wenigen Jahren einem Gefühl der Ernüchterung. Ein Wendepunkt kam mit dem »Ölpreisschock« (1973) und dem ersten spürbaren Wirtschaftseinbruch nach vielen fetten Jahren. Aber auch RAF-Terror und staatliche Repressionen oder das neue Bewusstsein für die Gefahren der Umweltzerstörung beeinfl ussten das Lebensgefühl und die politische Positionierung. Die breite Ernüchterung erfasste auch Kiel, das als Austragungsort der olympischen Segelwettbewerbe (1972) gerade richtig Rückenwind bekommen hatte. Das Attentat auf die israelische Mannschaft in München war ein großer Schock. Auch die Begeisterung über den neuen Autobahnanschluss (Luftverschmutzung!) oder das moderne Olympiazentrum in Schilksee (Betonklötze!) ließ schnell nach.
Diese Publikation verbindet einen geschichtswissenschaftlichen Essay über die Siebzigerjahre mit der Kieler Stadtgeschichte. Sie entstand begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im Kieler Stadtmuseum Warleberger Hof und zeigt Fotos, Dokumente und Sammlungsobjekte des Stadtarchivs und des Stadt- und Schifffahrtsmuseums – von Veranstaltungs- und Anti-AKW-Plakaten bis zu Pressefotos aus dem Wirtschafts- und Alltagsleben. Sie fügen sich zum schillernden Bild einer widersprüchlichen Zeit.