Eines Erbaren Raths gehorsamer Amptman
Clemens Jäger und die Geschichtsschreibung des 16. Jahrhunderts
Gregor Rohmann
Das Selbstverständnis des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Menschen, seine Wahrnehmung der eigenen Stellung in der gegenwärtigen Welt war begründet durch die Vergangenheit. Gesellschaftliche Gegenwart und historisches Wissen standen in einem Wechselverhältnis: Wie eine Person oder eine Gruppe sich selbst wahrnahm und wie sie von den anderen wahrgenommen wurde, war begründet durch das Bild von ihrer Vergangenheit, das sie selbst sich machte und das die anderen sich machten.
Literatur, Geschichtsschreibung und Kunst des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit haben vielfältig nach Möglichkeiten gesucht, im Spannungsfeld dieser Problematik Formen der Vermittlung historischen Wissens zu entwickeln. Eine dieser Möglichkeiten war die Familienbuchschreibung, die Führung familienhistorischer Aufzeichnungen im weitesten Sinn, die in städtischen Familien im 15. und 16. Jahrhundert weite Verbreitung fand.
Clemens Jäger, ein Schustermeister und Ratsherr, übernahm diese Aufgabe und war als „Historicus“ der Stadt Augsburg und ihrer Eliten, darunter die Fugger und Welser, tätig.