Freie Liebe
Über neue Sexualmoral
Bernhard Meuser
Mit der weltweiten Corona-Krise scheint ein Zeitalter an sein Ende gekommen zu sein, dessen Signatur der Individualismus war. In der kollektiven Bedrohung entdecken wir wieder, wie kostbar Menschen sind, die Verantwortung übernehmen, verlässlich in der Nähe sind und selbstlose Zuwendung schenken. Anders gesagt: Wir haben «Liebe» neu entdeckt, und nicht nur die Liebe, sondern auch all die kleinen Bausteine, die gutes Leben ausmachen. Früher hatte man für die flankierenden Maßnahmen guten Lebens das Wort «Moral». Plötzlich sehen wir, dass es uns an ethischen Tools für ein gutes Miteinander fehlt. Auf der Suche nach dem größtmöglichen persönlichen Glück des Einzelnen geriet die Welt der Liebe aus den Fugen. Sie funktioniert nicht, wenn jeder sein eigenes Ding macht. Mitten in der weltweiten anthropologischen Krise leisten es sich die beiden großen Kirchen, zur menschenwürdigen Gestaltung von Leben, Liebe und Sexualität zu schweigen, als hätten sie dazu nichts zu sagen.
Aber was sind die Koordinaten für gutes Leben, gute Liebe und guten Sex? Es ist Zeit, auf eine neue, tiefe und gründliche Weise über diesen vitalen Dreiklang nachzudenken – und es dennoch anhand eines Sonderfalls zu tun: des tiefen Absturzes der Katholischen Kirche. Der Missbrauch und seine Bewältigung ist ein Lehrstück für alle, denen an einer menschenwürdigen Gestaltung unserer geschlechtlichen Beziehungen gelegen ist.
Bernhard Meuser, Publizist und Verleger, war früher Leiter des Pattloch Verlags, danach Initiant und Mitautor des «YOUCAT». Meuser hat in seiner Jugend selbst den Missbrauch durch einen homosexuellen Priester erlebt. Schockiert über die halbherzigen Aufarbeitungsstrategien seiner Kirche, entschloss er sich zu einer deutlichen Entgegnung. Dabei blieb er nicht bei Kirchenkritik stehen, sondern musste radikal nachdenken, um zu den Wurzeln von Liebe und gutem Leben durchzudringen.
Leserstimme:
«Ein messerscharfes, furchtloses Buch, an dem sich die Geister scheiden werden. Glänzend geschrieben, nie langweilig, oft genug schonungslos provokant, wird man hineingesogen in einen großen Dialog über das, was gutes Leben ausmacht. Lange hat niemand mehr so klar und bestimmt von der Liebe, der Lust und der Freiheit gesprochen. Wenn das christliche Moral ist, dann wünsche ich „Freie Liebe“ in die Hand jedes evangelischen und katholischen Christen.»