Gefahr vor Gericht
Die Formstrenge im sächsisch-magdeburgischen Recht
Tim Meyer
In der rechtshistorischen Literatur wurde bislang einhellig die Auffassung vertreten, dass ein mittelalterliches gerichtliches Verfahren selbst die Gefahr eines Prozessverlustes in sich barg. Vor allem das sächsische Recht galt als über die Maßen formstreng. Gewinn und Verlust der Sache hingen danach von hergebrachten Worten und Formeln sowie symbolischen Handlungen, die der Sachwalter je nach Prozesssituation gebrauchen musste, ab. Die Schöffen und insbesondere die Gegner lauerten auf jeden Fehler in Wort und Gebärde. Die beobachtete Strenge hatte dem gerichtlichen Formalismus längst die Bezeichnung »Gefahr« eingetragen. Anhand heute zugänglicher Quellen kann nun das Bild vom irrationalen Formalismus wesentlich korrigiert werden. Allenfalls das Beweisrecht war von Formstrenge geprägt, wobei Formverstöße oft beseitigt werden konnten.