Geschäfte mit Kopien
Der »Fotografische Kunstverlag Otto Schmidt«. Ein Handbuch
Michael Ponstingl
Das Buch erscheint anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Wiener Leopold Museum (20. Mai – 28. August 2022), die eine Kooperation zwischen dem Leopold Museum und dem Photoinstitut Bonartes (Wien) ist.
Durch die rasch wachsende Anzahl an Fotoateliers wurde es schwierig, von beauftragten Porträts zu leben. So entstand in den 1860er-Jahren ein umkämpfter Markt an Sammelbildern mit neuen Themen und Formaten. Statt wenige Exemplare einer Aufnahme an individuelle Kundinnen oder Kunden zu verkaufen, entstanden nun zahllose Kopien (Positivabzüge), die über Verlage in den Handel kamen. Einer der erfolgreichsten der nunmehr zu Verlegern avancierten Fotografen war Otto Schmidt. Hatte er bereits 1873 mit einer Wiener Typen-Serie reüssiert, die im nostalgisch-verklärenden Stil eine kleine Ethnografie der Reichshaupt- und Residenzstadt bot, widmete er sich bald darauf der Herstellung von Vorlagenstudien (Études d’après nature), die als Anschauungsmaterial für Künstler, aber auch (Kunst-)Handwerker und Architekten dienten. Er schuf rund 4000 Landschafts-, Architektur- und Händestudien. Das tatsächlich einträglichste – weil weltweite – Geschäft aber war seine Aktproduktion, die im Übrigen umfangreichste in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Sein Geschäftsnachfolger, der Maler Eduard Büchler, führte diese Produktion fort; insgesamt nahmen sie rund 8000 Aktsujets auf.
Die Publikation untersucht einen historischen Bilderkorpus und geht den Zusammenhängen zwischen Ästhetik, Ökonomie, Bilderzirkulation und -konsum nach. Bilder daraus befanden sich im Besitz zahlreicher Maler und Bildhauer, aber auch von Medizinern, Anthropologen oder auch »Connaisseurs«. Die teils als »unzüchtig« eingestuften Bilder provozierten bürgerliche Wertvorstellungen, Gerichtsprozesse zeugen davon. Das Buch ist in rund 50 thematischen Stichwörtern gegliedert, die in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können.