Geschichte des Hafenorts Warnemünde von Barnewitz,  Friedrich, Piechulek,  Ronald

Geschichte des Hafenorts Warnemünde

Unter besonderer Berücksichtigung der Volks- und Bodenkunde

Jeder, der sich mit der Geschichte Warnemündes beschäftigt und mehr über die Vergangenheit des Ostseebades erfahren möchte, kommt an dem Standardwerk „Geschichte des Hafenorts Warnemünde“ von Friedrich Barnewitz nicht vorbei. Der Inhalt des Buches zeichnet sich aus durch eine Fülle von erstaunlichen Fakten, die der Autor exakt in den ihm vorliegenden historischen Quellen recherchierte und die er bei Studien vor Ort und in Gesprächen mit Warnemündern präzisierte und ergänzte. So ist es angesichts dieses in Fleißarbeit zusammengetragenen Faktenmaterials nicht verwunderlich, dass dieses für Warnemünde bedeutende Geschichtsbuch in jeder nachwachsenden Generation der Warnemünder auf Interesse stößt. Für die Ausbildung der Stadtführer ist dieses Buch obligatorische Schulungsliteratur, wie uns Gabriele Malchow vom Verein der Stadtführer Rostocks in einem Gespräch versicherte.
Drei Auflagen erlebte der „Barnewitz“ seit 1919, die letzte im Jahre 1992, ergänzt allerdings nun um einen „Ausblick“, der die Zeit von der Weimarer Republik bis 1992 bzw. 2000 beleuchtet.
Jede dieser Auflagen war recht schnell vergriffen. Vor allem die Originalausgaben des Buches aus den Jahren 1919 und 1925 sind heute begehrte Sammlerobjekte und werden je nach Erhaltungszustand antiquarisch zu hohen Preisen angeboten, allerdings in verschwindend geringer Anzahl. Wer ein solches Buch besitzt, hegt und pflegt es und gibt es nicht aus der Hand!
Für alle diejenigen, die endlich auch einmal in den Besitz der „Geschichte des Hafenortes Warnemünde“ gelangen möchten und für diejenigen, die sich kaum wagen, in ihrem wertvollen originalen „Barnewitz“ zu blättern, soll nun Abhilfe geschaffen werden.
Der Godewind-Verlag in Börgerende-Rethwisch entschied sich, die 2. Auflage der „Geschichte des Hafenortes Warnemünde“ von 1925 als Reprint herauszugeben. Der Vorteil liegt auf der Hand: man kann nun wieder alles so nachlesen, wie es Friedrich Barnewitz eigenhändig im Manuskript vorgelegt hat, auch die zahlreichen Anmerkungen, die er als Fußnoten einbrachte.
Der Nachteil: der veränderte Forschungsstand und eine Fortschreibung der Geschichte des Ostseebades nach 1925 sind im vorliegenden Druck nicht berücksichtigt. Das soll aber Anliegen einer späteren Publikation sein.

Als 1992 die 3. Auflage des „Barnewitz“ erschien, konnten die Herausgeber über den Autor nur wenig berichten. Das soll an dieser Stelle nun nachgeholt werden:

Friedrich Paul Karl Barnewitz, so der vollständige Name des Autors, wurde am 28. März 1889 in Neudeck (Oberschlesien) als Sohn der Generaldirektors Paul Barnewitz und dessen Frau Hedda (geb. Spielhagen) geboren. Von 1895 bis 1898 erhielt der Junge privaten Unterricht. Von 1898 bis 1902 besuchte er das Bismarck-Gymnasium in Wilmersdorf bei Berlin. Danach folgten zwischen 1903 und 1906 Ausbildungen im Pädagogium des Dr. Bark in Lankwitz und in der Oberprima des Königlichen Gymnasiums in Weilburg an der Lahn.
Von 1906 bis 1910 studierte Friedrich Barnewitz, der von seinen Freunden kurz „Fritz“ genannt wurde, in Berlin und Lausanne Jura. Er promovierte im April 1911 mit dem Thema „Das Wesen der schwedisch-norwegischen Union und ihre Auflösung im Jahre 1905“ in Leipzig. Seit dieser Zeit interessierte sich Barnewitz für die Geschichte, begann sich speziell auch der Volkskunde zuzuwenden. Seine Reisen 1911 nach Skandinavien, Belgien und Holland förderten dieses Interesse. Bekannt ist, dass Barnewitz auch historische und geographische Studien an der Berliner Universität betrieb. Hier entdeckte er schließlich sein Interesse für die Geologie. Diese erworbenen, vielfältigen Kenntnisse wirkten sich günstig für seine Forschungen zur Geschichte des ehemaligen Fischerdorfes an der Warnowmündung aus, die er um 1914 begann. Das umfangreichen Quellenstudium in den Archiven Stockholm, Schwerin und Rostock wurde immer wieder unterbrochen mit Warnemünde- Aufenthalten. In Warnemünde lernte Friedrich Barnewitz wohl zunächst den heimatverbundenen Schulrektor Adolf Ahrens kennen. Als das Heimatmuseum in Warnemünde 1914 auf Initiative der Warnemünder und mit Hilfe des Plattdeutschen Vereins für Warnemünde und Umgebung gegründet wurde, war Barnewitz sofort bereit, in der Museumskommission mitzuwirken. Beide Gremien mit ihren prominenten Mitgliedern werden es wohl auch gewesen sein, die Friedrich Barnewitz dazu bewegten, seine Faktensammlung zu Warnemünde beharrlich immer weiter auszubauen. Sie wiesen ihn auch auf viele Details hin, die in seine spätere Dissertation und in sein Buch einflossen.
Schon lange vor Erscheinen seines Buches war Friedrich Barnewitz in Warnemünde ein bekannter Mann. „Zum Besten des Warnemünder Museums“ hielt er am 22. April 1914 im „Hotel zur Börse“ einen volkskundlichen Vortrag, der von 200 Interessenten besucht wurde und sogar wegen des anhaltenden Zuspruchs wiederholt werden musste.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderte vorerst weitere Forschungen. Der Krieg verschlug Friedrich Barnewitz als Soldat an die Front. Dessen ungeachtet, blieb er dauerhaft in Verbindung mit seinem geliebten Warnemünde, wie Briefe beweisen, die der damalige Leiter des Heimatmuseums ihm ins Feld schrieb.
Die Quellen berichten, dass Barnewitz im Oktober 1914 auf polnischem Gebiet in der Nähe von Czenztochau verwundet wurde. Das führte zu seiner vorzeitigen Rückkehr aus dem Krieg. Nach seiner Rückkehr ist Friedrich Barnewitz bald wieder auf historischem Gebiet tätig. Im Jahre 1916 erlangt er den Titel „Dr. phil.“ mit der Dissertation „Beiträge zur Geschichte des Hafenortes Warnemünde“ an der Hessischen Ludwigs-Universität zu Gießen. 1919 erschien dann das bekannte Buch zur Warnemünder Geschichte im Verlag der G.B.Leopolds Universitätsbuchhandlung in Rostock. 1925 wurde die erweiterte Nachauflage herausgegeben, wiederum mit einem Vorwort des Autors, der zu dieser Zeit in Berlin-Charlottenburg, anfangs in der Mommsenstraße 56 und dann in der Meineckestraße 5. In Berlin war er als Archivar und Sachbearbeiter bei der Reichsstelle Chemie tätig.

Eine Widmung zufolge hielt sich Friedrich Barnewitz am 12. September 1920 in Warnemünde auf. Das kam immer seltener vor, nahm ihn seine Tätigkeit in Berlin doch voll in Anspruch. Im selben Jahr erschien dort eine Schrift mit dem Titel „Albert Einsteins Relativitätstheorie“, in der Barnewitz eine volkstümliche Deutung dieser Theorie von Raum und Zeit versuchte. Zu dieser Thematik hielt er offenbar im Jahre 1920 auch Vorträge an der Berliner Sterwarte. Leider konnten in einschlägigen Archiven dazu keine weiteren Informationen aufgefunden werden. Es ist im übrigen nicht unwahrscheinlich, dass Barnewitz mit Albert Einstein selbst zu diesen Problemen in Kontakt stand. Allerdings fehlen entsprechende Beweise.

An dieser Stelle sei näher auf das Wirken von Friedrich Barnewitz für das Warnemünder Heimatmuseum eingegangen werden. Barnewitz trat am 3. April 1914 in einer Sitzung der Museumskommission mit dem Vorschlag auf, für den Sommer Räume zu mieten und die bisher für das Museum gespendeten Gegenstände für eine „Besichtigungs- und Erklärungsgebühr“ von 25 Pfennigen öffentlich zur Schau zu stellen. Der Museumsfreund hatte die Notwendigkeit des Aufbaus eines finanziellen Sockels für das Museum erkannt. Neben den Einnahmen für die öffentlichen Vorträge von Barnewitz flossen zusätzlich 50,-Mark- damals viel Geld- aus der eigenen Geldbörse des Volkskundlers in die Kasse zum Aufbau des Heimatmuseums.
Um 1915 unterstützte Barnewitz das Museum, indem er für empfindliche Exponate Glaskästen bestellen ließ und sie selbst finanzierte. Auch einige Exponate spendete der Geschichtsschreiber für die Museumssammlung. Als die Museumskommission nach langwieriger Suche und Verhandlungen schließlich 1932/33 das heutige Museumsgebäude in der Alexandrinenstraße beziehen konnte, gab Friedrich Barnewitz wertvolle Hinweise für die Einrichtung. So beschäftigte er sich mit der Erweiterung des Hinterhauses für Bibliothek und Archiv, mit der Konzipierung eines Raumes für Kirchenkunst und eines „historischen Ausstellungssaales“ in dem auch Schiffsmodelle gezeigt werden sollten.
Wegen seines Engagements und seiner Verdienste um das Museum und um Warnemünde wurde Friedrich Barnewitz vom Plattdeutschen Verein die Ehrenmitgliedschaft zugesprochen. Man wählte ihn auch in den Vorstand des Museumsvereins. Zur feierlichen Eröffnung des neuen Hauses des Heimatmuseums 1933 in der Alexandrinenstraße war Friedrich Barnewitz auch anwesend und wurde auf einem Gruppenfoto vom Warnemünder Fotografen Karl Eschenburg vor dem Museumshaus verewigt.
Ein Jahr später gelang es Barnewitz, für den Aufbau des Museums von der „Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten“ 5300 Reichsmark zu erhalten.
Aus Notizen der 30er Jahre geht hervor, dass plötzlich Bedenken gegenüber Friedrich Barnewitz die Oberhand gewannen, was eher politische, denn fachliche Gründe hatte. Der Plattdeutsche Verein erhielt von Dienststellen der NSDAP Weisungen, wie man sich gegenüber Barnewitz zu verhalten habe: nämlich abweisend. So liest man 1939 anlässlich einer Kontaktaufnahme von Seiten Barnewitz in den Akten des Plattdeutschen Vereins: er „kann nicht vorgelassen werden“. Möglicherweise hing dieses Verhalten mit der Tatsache zusammen, dass Barnewitz’ Vetter Wolfgang Spielhagen Oberbürgermeister in Breslau war; er wurde am 30. Januar 1945 von den Nationalsozialisten ermordet.
Friedrich Barnewitz überlebte den Zweiten Weltkrieg. Infolge der herrschenden Hungersnot erkrankte er jedoch im Jahre 1946 schwer. Erst zum Jahresende 1946 hatte er sich einigermaßen erholt. Im August 1947 trat dann eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ein: die Diagnose der Ärzte bescheinigte Barnewitz eine Erkrankung des Herzens. Am 7. Februar 1948 verstarb Friedrich Barnewitz in Berlin- Charlottenburg.
Barnewitz war weder verheiratet, noch hatte er Kinder. Er hinterließ einen Bruder Hans-Joachim Friedrich (geb.1892) und eine Schwester Ruth Pauline Therese (geb.1894).
Friedrich Barnewitz wurde durch seine „Geschichte des Hafenortes“ in der Erinnerung der Warnemünder unsterblich. Im Jahre 1998 wurde im Ostseebad eine Straße nach ihm benannt.

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