Johann Christoph Gottsched
Und die Rezeption der «Querelle des Anciens et des Modernes» in Deutschland
Thomas Pago
Das 17. Jahrhundert hing einer Geschichts- und Literaturvorstellung an, die wertende Vergleiche auch über Jahrtausende hinweg für möglich und legitim hielt. So wurde in Frankreich über den Vorrang von Antike oder Moderne debattiert. Auch in Deutschland nahm man diese Diskussion wahr und beteiligte sich daran. Die dabei verwendeten Argumentationsmuster bilden den Gegenstand der vorliegenden Arbeit: In der Untersuchung von akademischen Abhandlungen, Poetiken und Vorreden werden mögliche Positionen rekonstruiert. So macht die Studie nicht nur die Bedeutung dieses Epochenvergleichs für die poetologischen Überlegungen bis hin zu Johann Gottfried Herder klar. Sie trägt zugleich dazu bei, zwei Eckpunkte der dichtungstheoretischen Diskussion der Frühaufklärung zu erhellen: «Traditionalität» und «Modernität». Es zeigt sich, daß die Argumente der Traditionalisten und der Modernen zum Teil deckungsgleich sind. Zu einer kategorischen Absage an die Tradition durch die Modernen kommt es nicht. insbesondere Johann Christoph Gottsched sie formuliert, erscheinen schließlich als Beleg für ein Denken in Kategorien der französischen Querelle. Auch wenn Gottsched sich gelegentlich sogar zur Absage an verbindliche poetische Normen durchringt, verläßt er ihren Rahmen nicht. Denn: Resultat der Querelle und zugleich eine Grenze, die nicht überschritten wird, ist die Einsicht in die unterschiedlichen historischen Kontexte von Vergangenheit und Gegenwart.